Strategiewechsel in der Coronavirus-Bekämpfung: So könnten eine Million Tests pro Woche geschafft werden
Wenn der Shutdown vorbei ist, muss sehr viel mehr getestet werden – sonst gibt es einen neuen Ausbruch. Dafür braucht es mehr Labore, etwa aus der Tiermedizin.
Testen, testen, testen – das ist für die meisten Experten ein Schlüssel dafür, dass die Coronavirus-Pandemie eingedämmt werden kann. Deutschland liegt bei den Tests auf Sars-Cov-2 weit vorne, wie immer wieder von der Bundesregierung betont wird.
In den vielen Tests etwa wird eine Erklärung dafür gesehen, dass Deutschland eine so niedrige Sterblichkeit bei Covid-19 hat: Hierzulande würden schlicht sehr viel mehr Krankheitsfälle diagnostiziert, in Ländern mit höherer Mortalität gebe es sehr viel mehr unerkannte Infektionen, argumentieren Epidemologen.
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Nun sagen einige Experten, dass trotz dieser hohen Zahl die Kapazitäten massiv weiter ausgebaut werden müssten. In einem Strategiepapier vom Bundesinnenministerium etwa heißt es, dass es deutlich mehr Tests brauche, von 200.000 pro Tag ist die Rede.
Das wären deutlich mehr als eine Million pro Woche, das wäre etwa eine Verdreifachung der aktuellen Testkapazität – die bereits schon stark ausgebaut wurde. Es brauche diese vielen Tests, weil die bisherigen Kriterien, ab wann getestet wird, nicht ausreichten.
Vorbild Südkorea
Das Vorbild ist Südkorea: Das asiatische Land hatte mit sehr vielen Tests sowie der Isolierung von Erkrankten und deren Kontaktpersonen schnell den Ausbruch von Covid-19 eindämmen können.
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Mit den aktuellen strikten Einschränkungen samt Kontaktverbot in Deutschland will man zunächst aus der Phase des exponentiellen Zuwachses der Infiziertenzahlen herauskommen. Wenn diese Maßnahmen Erfolg haben und das Wachstum deutlich verlangsamt ist, dann möchte man nach dem Vorbild Südkorea mit weniger Beschränkungen die Pandemie in Schach halten können.
Kriterien sollen geändert werden
Dafür müssten laut dem Strategiepapier des Innenministeriums die Kriterien geändert werden, wann Menschen in Deutschland getestet werden. Bisher sollen laut Robert-Koch-Institut (RKI) nur dann ein Test gemacht werden, wenn Patienten die Symptome für Covid-19 zeigen, etwa trockener Husten oder hohes Fieber. Das sollte ausgeweitet werden, heißt es in dem Strategiepapier des Innenministeriums: Auch Menschen, die nur den Verdacht haben, infiziert zu sein, sollten getestet werden.
Dazu zählen etwa die Kontaktpersonen von Infizierten. Bisher müssen sich diese nur in häusliche Quarantäne begeben. Nur wenn sie Symptome zeigen, werden auch sie getestet. Würde getestet werden, bevor die Krankheit ausbricht, würden sich sehr viel schneller potentiell Infizierte in Quarantäne begeben. Das könnte einige Ansteckungen vermeiden.
Zahl der Tests wurde bereits in einer Woche verdreifacht
Bisher werden Kontaktpersonen nicht getestet, weil die begrenzten Kapazitäten frei bleiben sollen für tatsächlich Kranke. Deshalb muss die Kapazität der Testmöglichkeiten noch weiter erhöht werden, schlussfolgern die Experten vom Innenministerium.
Bisher testen die Labore von Universitätskliniken, Gesundheitsämtern und von Vertragsärzten auf das Virus – und da ist bereits laut RKI ein massiver Ausbau erfolgt. Wurden in der vorletzten Woche noch 127.457 Tests in 114 Laboren gemacht, so waren es in der letzten Woche bereits 348.619 Tests in 176 Laboren – das ist fast eine Verdreifachung innerhalb einer Woche.
Labore brauche mehr geschultes Personal
Diese müsste noch einmal verdreifacht werden, um auf die vom Innenministeriums-Papier geforderten 200.000 Tests pro Tag, also mehr als eine Million Tests pro Woche, zu kommen.
Wie kann das gelingen? Zum einen müssen die bestehenden Labore ihre Kapazitäten noch weiter aufstocken. Das ist nicht nur eine Frage der Geräte, es muss vor allem zusätzlich hochqualifiziertes Personal dafür bereitgestellt werden.
Tiermedizinische Labore könnten 70.000 weitere Tests machen
Zudem muss auch die Anzahl der Testlabore erhöht werden. Bund und Länder hatten sich etwa am Mittwochabend darauf geeinigt, dass auch tiermedizinische Labore in die Testung einsteigen sollten.
Hier ist ein großes Potential: Laut Siegfried Moder, Chef des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte, könnten schnell mindestens 70.000 weitere Tests wöchentlich in solchen Laboren durchgeführt werden. „Wir sind dazu bereit, denn es geht darum, Menschenleben zu retten“, sagte Moder dem Tagesspiegel. Mittelfristig könne die Zahl noch deutlich darüber liegen.
Ein Tiermedizin-Labor testet bereits
Ein Anfang sei schon gemacht, sagt Moder: In einem tiermedizinischen Labor in Bayern seien bereits 200 Tests erfolgt. Um in diesen Laboren Kapazitäten freizubekommen, müsste auch über eine Lockerung der verterinärmedizinischen Auflagen für Vieh in der Landwirtschaft gesprochen werden. Zum Beispiel könnte der Test auf die Blauzungenkrankheit bei Kälbern ausgesetzt werden, damit würden schnell einige Kapazitäten frei.
Zudem sollen auch Labore der Pharmaindustrie genutzt werden. Dafür würden bereits Gespräche zwischen Bund, Ländern und der Industrie laufen, sagte ein Sprecher des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen. Man verfüge dort über hochmoderne Anlagen, um solche Tests durchzuführen.
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