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Ein Patient nimmt sich selbst einen Abstich für den Coronavirus-Test.
© REUTERS/Fabrizio Bensch
Update

Südkorea als Vorbild bei Coronavirus-Bekämpfung: Innenministerium dringt auf Strategiewechsel – massiv mehr Tests

Wer den Verdacht einer Infektion hat, sollte getestet werden. So heißt es in Strategiepapier des Innenministeriums, dafür bräuchte es eine Kapazität von 200.000 Tests täglich.  

Von Ragnar Vogt

Nach einem Strategiepapier des Innenministeriums sollten die Coronavirus-Testkapazitäten in Deutschland massiv ausgebaut werden. Das sei „überfällig“, zitieren „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR aus dem Papier. In Zukunft sollten alle Menschen, die den Verdacht einer Infektion haben, getestet werden. Dafür bräuchte es 200.000 Tests pro Tag.

Deutschland solle sich am Vorbild Südkorea orientieren, heißt es laut „Süddeutscher“ weiter in dem Strategiepapier. Das asiatische Land hatte mit sehr vielen Tests sowie der Isolierung von Erkrankten und deren Kontaktpersonen schnell den Ausbruch von Covid-19 eindämmen können.

Deshalb sollten nun auch in Deutschland die Testkapazitäten größtmöglich erhöht werden. Gegenwärtig befinde sich die Bundesrepublik mit den Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in der Phase „schnelle Kontrolle“. Anschließend müsse man umschwenken auf eine Strategie, die das Testen und Isolieren von Infizierten und Kontaktpersonen zum Ziel habe.

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Getestet werden sollten dann „sowohl Personen mit Eigenverdacht als auch der gesamte Kreis der Kontaktpersonen von positiv getesteten Personen“, zitiert die „Süddeutsche“ weiter aus dem Strategiepapier. Gegenwärtig werden nur Menschen getestet, die Symptome zeigen und Kontakt zu Infizierten hatten oder zu einer Risikogruppe gehören. 

Mindestens 200.000 Tests pro Tag nötig

Um die neue Strategie umsetzen zu können, fordert das Innenministerium laut „Süddeutscher“, dass die Testkapazitäten hochgefahren werden auf etwa 200.000 Tests am Tag. Aktuell gibt es nur die Zahlen der Tests pro Woche, hier schwanken die Angaben zwischen 300.000 und 500.000 Tests – bei einer Erhöhung, wie das Innenministerium sie fordert, wären deutlich mehr als eine Million Tests pro Woche nötig.

Über eine Ausweitung der Tests sei auch bei einer Telefonkonferenz zwischen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und den Chefs der Staatskanzleien der Länder gesprochen worden, berichtet die „Bild“-Zeitung. Im Protokoll zur Sitzung soll demnach stehen: „Bund und Länder stimmen darüber ein, die Kapazitäten zur Testung auf das neue Coronavirus deutlich zu erhöhen.“

Hintergrund über das Coronavirus:

Mehr Tests sollen demnach auch dadurch erreicht werden, dass „Hochdurchsatz-Methoden“ angewandt werden. Damit sind Geräte gemeint, mit denen hochautomatisiert sehr viele Tests gleichzeitig gemacht werden können. Solche Geräte gibt es etwa auch in der Pharmaforschung, diese sollten auch künftig für Coronavirus-Tests genutzt werden. Zudem sollten auch die Kapazitäten von Tiermedizin-Laboren verwendet werden, berichtete die „Bild“.

Worst-Case: Mehr als eine Million Tote 

In dem Strategiepapier des Innenministeriums werde auch aufgelistet, was im schlimmsten Fall in Deutschland passieren könnte, berichtet der „Spiegel“. Hätte der Staat nur wenig unternommen, um die Covid-19-Pandemie einzudämmen, dann wären sehr schnell 70 Prozent der Deutschen infiziert. Die Folge wäre, dass 80 Prozent der Intensivpatienten nicht behandelt werden könnten. So würde die Todeszahl schnell die Millionengrenze überschreiten.

Um das abzuwenden brauche es eine Unterdrückungsstrategie mit den sehr vielen Tests. „Um das Testen schneller und effizienter zu machen“, zitiert der „Spiegel“ aus dem Strategiepapier, „ist längerfristig der Einsatz von Big Data und Location Tracking unumgänglich“.

Derzeit versucht die Bundesregierung auch, mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Pandemie in den Griff zu bekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält es derzeit für zu früh, um über eine Lockerung zu sprechen.

„Es muss nachhaltig spürbar und nachvollziehbar sein, dass die Maßnahmen greifen, dass sie zur Eindämmung des Virus und zum Rückgang der Infektionen führen, bevor wir über ein Datum zur Lockerung der Beschränkungen sprechen“, sagt dazu der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), dem Tagesspiegel. Zu einem Plan für eine Lockerung sagt er: „Zu einer vorausschauenden Politik gehört, dass man entsprechende Vorbereitungen trifft.“

Virologe Kekulé fordert Testmöglichkeit für jeden 

Deutlich mehr Tests fordert auch der Virologe Alexander Kekulé vom Uniklinikum Halle als Teil einer Strategie für die Phase nach dem Shutdown. Zukünftig sollte jeder die Möglichkeit haben „sich und seine Kinder anonym und unbürokratisch auf Covid-19 testen zu lassen“, schreibt Kekulé in einem Gastbeitrag auf „Zeit Online“

Zudem könne mit weiteren Maßnahmen wie „smart distancing“ und dem besonderen Schutz der Risikogruppen in der Phase nach den massiven Einschränkungen die Pandemie so lange eingedämmt werden, bis ein Impfstoff und Medikamente zur Behandlung von Covid-19 da sein, glaubt der Virologe. 

Mit „smart distancing“ meint er, dass alle Menschen viele Schutzmaßnahmen auch nach dem Shutdown aufrecht erhalten sollten: Möglichst viel Homeoffice, Beibehaltung der hohen Hygiene-Standards, kein Händeschütteln, Abstand von zwei Metern zum Gegenüber, Telefonkonferenzen statt Meetings, viel Abstand am Arbeitsplatz und ähnliches.

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