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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD
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Update

Entschädigungen für Griechenland: Sigmar Gabriel nennt Debatte um Reparationen "dumm"

Für die Verbrechen der Nazis schulde Deutschland den Griechen 278 Milliarden Euro, heißt es aus Athen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel reagiert auf diese Forderung mit Unverständnis.

Griechenland hat erstmals seine Entschädigungsforderungen an Deutschland wegen Verbrechen während des Nationalsozialismus beziffert. Der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas sagte am Montagabend im Parlament in Athen, Deutschland schulde Griechenland 278,7 Milliarden Euro. Diese Summe habe der von der neuen Regierung in Athen eingesetzte Parlamentsausschuss vorläufig berechnet, sagte Mardas. Die Regierung und der oberste Gerichtshof des Landes hatten angekündigt, Forderungen gegen Deutschland durchsetzen zu wollen.

Sigmar Gabriel: "Ich finde es ehrlich gesagt dumm"

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wies die Forderungen aus Athen zurück. „Ich finde es ehrlich gesagt dumm“, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf eine Vermengung der Wiedergutmachungsforderungen mit den Verhandlungen über weitere Finanzhilfen. Beide Dinge hätten nichts miteinander zu tun, seien aber sehr aufgeladen Das bringe die Stabilisierung Griechenlands „keinen Millimeter voran.“ In der aktuellen Schuldenkrise dürfe allerdings nicht der Eindruck entstehen, Deutschland sei in der EU der große Lastesel, so Gabriel. „Die Wahrheit ist natürlich, dass wir unglaublich viel Geld mit der Währungsunion verdient haben“. Es sei mutig gewesen, die Täter von gestern zur Teilnahme am Projekt Europa einzuladen. Es gebe heute auch ein Stück weit eine ökonomische Verantwortung. „Das hat auch etwas mit Fairness zu tun“, betonte Gabriel. „Wir müssen verdammt viel Respekt davor haben, was die Menschen in Griechenland schultern.“ Sie müssten die Opfer bringen für das Versagen der Eliten: „Sie haben das Land ausgeplündert.“ Das Land müsse im Euro wieder auf die Beine kommen - „und nicht außerhalb“. 

Die Diskussion um deutsche Reparationszahlungen an Griechenland geht in die nächste Runde.
Die Diskussion um deutsche Reparationszahlungen an Griechenland geht in die nächste Runde.
© dpa/Arno Burgi

Berlin lehnt Reparationszahlungen an Griechenland ab

Bei den griechischen Forderungen geht es um Entschädigungszahlungen und die Erstattung eines Zwangskredits, den die Nationalsozialisten von der griechischen Notenbank erhalten hatten. Die Bundesregierung bestreitet jedwede Ansprüche Griechenlands. Das Bundesfinanzministerium zählt die Zwangsanleihe über 476 Millionen Reichsmark – nach heutiger Kaufkraft etwa zehn Milliarden Euro – zu den Reparationsforderungen und diese wiederum seien durch den Reparationsvertrag von 1960 abgegolten. Damals hatte sich Deutschland zur Zahlung von 115 Millionen Mark an Griechenland verpflichtet. Mit dem Vertrag sei die Frage der Wiedergutmachung von NS-Unrecht „abschließend geregelt“. Der Zwei-plus-vier-Vertrag, der nach der deutschen Wiedervereinigung geschlossen wurde, setzt nach deutschem Verständnis einen Schlusspunkt unter mögliche Forderungen, sie hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden müssen. Politiker von SPD und Grünen hatten sich hingegen offen für Entschädigungszahlungen gezeigt.

Griechenland ist in akuter Geldnot. Derzeit ringen Gläubiger und die Regierung in Athen um die Auszahlung der letzten Kreditrate des auslaufenden Hilfsprogramms in Höhe von 7,2 Milliarden Euro. Griechenland droht bereits in wenigen Tagen die Zahlungsunfähigkeit, sollte es keine weiteren Finanzhilfen erhalten. Das Land ist seit 2010 mit Finanzspritzen seiner internationalen Partner von rund 240 Milliarden Euro vor der Staatspleite bewahrt worden. (Reuters/dpa/Tsp)

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