Wahl in Thüringen: Sigmar Gabriel gibt grünes Licht für Rot-Rot
Die Bundes-SPD wird kein Veto gegen eine rot-rote Regierung in Thüringen unter Führung eines Linken-Ministerpräsidenten einlegen. Das soll aber keine Vorentscheidung für ein Linksbündnis im Bund sein.
Ein rot-rotes Bündnis mit dem Linken-Politiker Bodo Ramelow als Regierungschef wird an Einwänden der SPD im Bund nicht scheitern. Im Gespräch mit dem RBB-Inforadio machte Parteichef Sigmar Gabriel deutlich, dass der Landesverband freie Hand habe, nach der Wahl am Sonntag auch einen Ministerpräsidenten Ramelow zu unterstützen. Allerdings sei damit noch keine Vorentscheidung für eine rot-rot-grüne Regierung im Bund 2017 getroffen, sagte Gabriel. "Was immer da passiert, das wird eine regionale Entscheidung bleiben." Der SPD-Vorsitzende betonte: "Wie in Thüringen sich die Mehrheiten bilden im Jahr 2014, entscheidet nicht über die Ergebnisse der Bundestagswahl des Jahres 2017."
Aus dem Interviewaussagen des Parteivorsitzenden lässt sich schließen, dass die Bundes-SPD nicht mehr damit rechnet, dass die SPD in Thüringen stärker als die Linke abschneidet - also auch nicht, dass die Landes-SPD ihre Spitzenkandidatin Heike Taubert als Regierungschefin durchsetzen kann. "Die Bundespartei, die SPD, hat seit jeher (...) die Position, dass die Landesverbände selbst über ihren Weg entscheiden", betonte Gabriel in dem RBB-Interview. Er halte nichts davon, den Verbänden aus Berlin Ratschläge zu erteilen.
Bereits vor der heißen Wahlkampfphase hatten sich Gabriel und der Thüringer Linke-Spitzenkandat Ramelow getroffen. Sie waren sich damals bereits dem Vernehmen nach einig, dass über die künftige Erfurter Regierung auf Landesebene entschieden wird. Dabei spielte die Möglichkeit, dass die Linke stärker als die SPD abschneiden könnten und deshalb den Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt erhebt, bereits eine Rolle.
Fahimi: Thüringen ist für uns kein Testlauf
Bis zu dieser Linie der SPD war es allerdings ein langer Weg. 1994 noch hatte die SPD in ihrer "Dresdner Erklärung" festgeschrieben, dass es mit der SED-Nachfolgepartei PDS "keine Zusammenarbeit" geben dürfe. Im gleichen Jahr aber ließ in Sachsen-Anhalt der kürzlich verstorbene SPD-Politiker Reinhard Höppner seine rot-grüne Koalition in Sachsen-Anhalt von der PDS tolerieren. 1998 kam die erste formale rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommern zu Stande, ihr folgten weitere in Berlin und Brandenburg.
Vor Gabriel hatte bereits SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärt, dass es "kein Veto" der Bundes-SPD gegen die Entscheidung der Thüringer Sozialdemokraten geben werde. Diese wollen per Mitgliederentscheid bestimmen lassen, welche Koalition es künftig gibt. Laut Umfragen ist sowohl denkbar die Fortführung der jetzigen schwarz-roten Regierung als auch ein Bündnis aus Linkspartei und SPD, möglicherweise unter Beteiligung der Grünen.
In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte Fahimi am vergangenen Sonntag mit Blick auf die Machtverhältnisse in Thüringen, 25 Jahre nach dem Mauerfall wäre es "vielleicht ganz gut, die Linkspartei hier in eine Regierungspflicht zu nehmen und ihr nicht eine Fundamentalopposition im Landtag zu ermöglichen". Allerdings fügte sie auch hinzu: "Thüringen ist für uns kein Testlauf, und es hat auch keine Signalwirkung oder keinen Charakter einer Vorentscheidung für den Bund."
Ein Bundesparteitag der SPD im November vergangenen Jahres in Leipzig hatte entschieden, dass auch im Bund grundsätzlich Koalitionen mit der Linkspartei möglich sind. Allerdings hatte sich anschließend das Verhältnis zwischen den Führungen beider Parteien eher verschlechtert - unter anderem wegen Differenzen in der Außenpolitik.