Tote und Verletzte im Irak: Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt gegen Demonstranten vor
In Bagdad und anderen irakischen Städten ist es zu Zusammenstößen gekommen. Dutzende Menschen wurden durch Tränengas verletzt. Es ist auch die Rede von Toten.
Nach monatelangen Anti-Regierungsprotesten im Irak haben Sicherheitskräfte mit Gewalt versucht, die Versammlungen aufzulösen. Dabei kam es in der Hauptstadt Bagdad und in anderen Städten zu Zusammenstößen mit Demonstranten, wie Augenzeugen und irakische Medien am Samstag berichteten. Im Zentrum Bagdads gingen die Spezialkräfte gegen Protestlager vor, um Plätze, Straßen und Brücken wieder zu öffnen, hieß es weiter. Die Einheiten hätten auch Protestzelte angezündet.
Augenzeugen meldeten, in Bagdad seien mindestens 30 Menschen durch Tränengas verletzt worden. In der weiter südlich gelegenen Stadt Nassirija kamen demnach drei Menschen ums Leben. Dafür gab es zunächst keine unabhängige Bestätigung. Der irakische TV-Sender Al-Sharqia sprach von einem bislang beispiellosen Vorgehen der Sicherheitskräfte.
In Bagdad und im Süden des Landes kommt es seit Oktober immer wieder zu Protesten gegen die Regierung, Misswirtschaft und die weit verbreitete Korruption. Der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission zufolge wurden dabei mehr als 460 Menschen getötet und mehr als 20.000 verletzt. Menschenrechtler werfen den Sicherheitskräften einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt vor.
Die Demonstrationen führten zum Rücktritt von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi. Die von der Mehrheit der Schiiten dominierte Regierung im Irak pflegt gute Beziehungen zum ebenfalls schiitischen Iran.
Al-Sadrs Anhänger hatten die Proteste unterstützt
Augenzeugen berichteten am Samstag, die Anhänger des einflussreichen schiitischen Predigers Muktada al-Sadr hätten sich auf dessen Geheiß von den Demonstrationen zurückgezogen und ihre Protestlager aufgelöst. Al-Sadrs Anhänger hatten die Proteste in den vergangenen Wochen unterstützt. Demonstranten zeigten sich enttäuscht und warfen dem Geistlichen „Verrat“ vor.
Al-Sadr gehört zu den wichtigsten Politikern des Landes. Bei der Parlamentswahl 2018 hatte sein Block die meisten Stimmen gewonnen. Der populistische Prediger kritisierte in den vergangenen Monaten immer wieder die Korruption und verlangte politische Reformen.
Am Freitag hatten Zehntausende Anhänger Al-Sadrs bei einem Massenprotest in Bagdad den Abzug der US-Truppen aus dem Irak gefordert. In diesem Monat hatte bereits das irakische Parlament beschlossen, dass alle ausländischen Truppen das Land verlassen müssten. Es reagierte damit auf die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Raketenangriff in Bagdad.
Im Irak sind rund 5000 US-Soldaten im Einsatz. Sie waren unter anderem entsendet worden, um das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. (dpa)