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Weiß, was sie tut: Die demokratische Kongressabgeordnete Ilhan Omar.
© Chip Somodevilla/Getty Images/AFP

Antisemitismus im US-Kongress: Shootingstar Ilhan Omar als Problemfall

Die muslimische Abgeordnete provoziert mit Äußerungen über die jüdische Lobby in den USA. Für die Demokraten ist das gefährlich. Ein Porträt.

Es wird nicht ruhig um Ilhan Omar. Und das scheint der 37-jährigen Demokratin aus Minnesota, die im November als eine der beiden ersten Muslima in den US-Kongress gewählt wurde, ganz recht zu sein. Denn sie selbst ist es, die die Debatte immer wieder neu befeuert.

Ihre Twitter-Äußerungen vom Februar, die israelfreundliche Haltung in den USA gehe auf Spenden einer proisraelischen Lobbygruppe zurück, klingen in den Ohren vieler nach altbekannten antisemitischen Stereotypen à la: Mit viel Geld erkaufe sich die mächtige jüdische Lobby die Politik. Die Aufregung war groß, Omar entschuldigte sich mit den eher naiven Worten, es sehr ihr nicht klar gewesen, dass ihre Worte verletzend seien.

Aber kurz darauf legte die Abgeordnete nach und benutzte das - ebenfalls altbekannte - Klischee, Juden außerhalb Israels hätten eben eine gespaltene Loyalität gegenüber ihrer Heimat. Sie hielt Parteifreunden vor, mit ihrer Unterstützung Israels "einem fremden Land die Treue geschworen zu haben". Diese Argumentation ist brandgefährlich, führte sie in der Geschichte doch immer wieder zu Hass auf Juden, die dem Land, in dem sie leben, angeblich schaden wollten. Eine amerikanische Kongressabgeordnete sollte das wissen. Ilhan Omar wirkt nicht wie eine Politikerin, die nicht weiß, was sie tut. Warum tut sie es also? Ihre Kritiker sagen, weil sie austeste, wie weit sie gehen kann. Weil sie glaube, dass diese Strategie bei vielen verfängt.

Die Republikaner freuen sich über den Streit

Offenbar verfängt dies bei deutlich mehr Demokraten als gedacht. Der Versuch von Nancy Pelosi, der demokratischen Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, den Konflikt mit einer Resolution gegen Antisemitismus zu befrieden, scheiterte. Die 78-Jährige hatte den Widerstand in ihrer deutlich bunteren, jüngeren und und streitlustigeren Fraktion unterschätzt. Selbst drei Präsidentschaftskandidaten hatten sich zuvor auf Omars Seite gestellt: Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Kamala Harris, alles drei Vertreter des linken Parteiflügels. Heraus kam am Ende nur eine allgemeine Resolution, die Angriffe gegen Minderheiten verurteilt. Zurück blieb eine düpierte Fraktionschefin, die sich vor wenigen Wochen erst mit Omar und zwei anderen aus der Gruppe der frisch gewählten populären Parlamentarierinnen auf dem Cover des "Rolling Stone" hatte verewigen lassen.

Für die Republikaner sind die innerparteilichen Querelen der Demokraten ein Geschenk, lenken sie doch von den diversen Negativmeldungen der vergangenen Wochen ab. Sie fordern den Rückzug der in Somalia geborenen Omar aus dem Auswärtigen Ausschuss oder am besten gleich ihren Rücktritt als Abgeordnete. Und US-Präsident Donald Trump erklärte, die Demokraten seien "zu einer antiisraelischen und antijüdischen Partei" geworden. Ein Vorwurf, der schmerzt - und der viele gemäßigte Wähler der Demokraten verunsichern könnte, ganz zu schweigen von den jüdischen Wählern, die eine der loyalsten Wählergruppen darstellen. Schon heißt es in manchen Kommentaren: Wenn die Demokraten so weitermachen, hat Trump seine Wiederwahl bald in der Tasche.

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