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Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko (Mitte), im Gespräch mit Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin am vergangenen Freitag in Frankreich..
© dpa

Ukraine: Separatisten glauben nicht an Poroschenkos Waffenruhe

Gerade im Amt kündigt der neue ukrainische Präsident eine Waffenruhe an. Das soll Verhandlungen mit Moskau ermöglichen. Doch die Separatisten bezweifeln, dass Poroschenko Soldaten abziehen wird.

Nur kurz nach seinem Amtsantritt hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine Waffenruhe für die Ostukraine angekündigt. "Wir sollten in dieser Woche das Feuer einstellen", sagte Poroschenko nach Angaben der Agentur Interfax am Sonntag in Kiew. Kurz zuvor hatte Russland das ukrainische Militär erneut zu einer Feuerpause aufgefordert, damit ein Dialog beginnen könne. Im Gasstreit zumindest sitzen Moskau und Kiew schon am Verhandlungstisch: Die Gespräche werden an diesem Montagabend fortgesetzt. Am Dienstag läuft ein Ultimatum Moskaus ab.

Ein Anführer der prorussischen Separatisten in der selbst proklamierten "unabhängigen Republik" Donezk zog unverzüglich Poroschenkos Ankündigung in Zweifel. "Wir wissen nicht genau, was Poroschenko über ein Ende der Kämpfe gesagt hat, aber wir bezweifeln, dass er die Soldaten abziehen wird", sagte der "stellvertretende Gouverneur" Andrej Purgin der russischen Nachrichtenagentur Interfax. "Wir setzen die Mobilisierung weiter fort und bereiten Freiwillige für die Verteidigung von Donezk vor."

Putin kündigte verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an

Poroschenko, der erst am Samstag ins Amt eingeführt worden war, kündigte die Waffenruhe bei einer Sitzung einer Kontaktgruppe für die Umsetzung seines angekündigten Friedensplanes an. "Jeder Tag, an dem Menschen sterben, jeder Tag, an dem die Ukraine solch einen hohen Preis bezahlt, ist unannehmbar", sagte er. Kremlchef Wladimir Putin hatte am Samstag seinerseits verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zur Ukraine angeordnet, um das weitere Eindringen Bewaffneter in die Krisenregion zu unterbinden.
Zu der Dreier-Kontaktgruppe gehören der ukrainische Botschafter in Deutschland, Pawel Klimkin, die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini als Vertreterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der russische Diplomat Michail Surabow. Poroschenko schlug vor, dass die Kontaktgruppe nun täglich zusammenkommen solle, um Ergebnisse zu beraten. Nach Poroschenkos Vorschlag sollten nun zuerst die Grenztruppen im Krisengebiet wieder ihre Arbeit aufnehmen, „damit die Sicherheit eines jeden Staatsbürgers der Ukraine gewährleistet ist, der in der Region Donbass lebt - unabhängig davon, welche politischen Sympathien er hegt“, sagte der Staatschef. Der Grenzschutz hatte aus Sicherheitsgründen mehrere Übergänge geschlossen.

Die militanten prorussischen Kräfte berichteten zuvor, dass die Vororte der Separatisten-Hochburgen Slawjansk und Kramatorsk weiter unter Artillerie-Beschuss stünden. Sie sprachen von neuen Todesopfern und Verletzten, darunter Zivilisten. Die selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk erkennen die proeuropäische Regierung in Kiew nicht an. Sie streben nach einer Eigenständigkeit als neuer Staat Noworossija (Neurussland). Der Chef des russischen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, forderte im Staatsfernsehen Rossija 24, die ukrainische Führung müsse aufhören, "in vollem Umfang die Armee einzusetzen". Er warf Kiew die "Vernichtung des eigenen Volkes" vor. Die Chefin des russischen Föderationsrats, Valentina Matwijenko, kommentierte die Antrittsrede Poroschenkos, der am Samstag einen Westkurs und eine enge Partnerschaft mit der EU und den USA ankündigte, abschätzig als "Illusionen". Ohne Russland werde die Ukraine nicht aus der politischen und wirtschaftlichen Krise kommen.

Steinmeier: "Separatisten dürfen nicht noch mehr Zulauf bekommen"

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte Kiews Führung vor unverhältnismäßigen Gewaltaktionen. "Das Ergebnis militärischer Operationen in der Ostukraine darf nicht sein, dass die Separatisten noch mehr Zulauf bekommen", sagte Steinmeier dem Tagesspiegel. Zugleich forderte er auch Beiträge Russlands zur Stabilisierung der Ukraine.

Poroschenko sagte am Samstag, niemand habe das Recht, die Ukraine auf ihrem Weg in die EU zu stören. Deutlich verurteilte Poroschenko auch die Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland. Bei einer Reise in das Krisengebiet will Poroschenko den Dialog suchen. Eine Föderalisierung des Landes, wie sie prorussische Separatisten vorschlagen, lehnte er aber ab. Allerdings wolle er der Region Donezk einen "Plan zur Dezentralisierung der Machtbefugnisse" vorstellen und den Menschen das Recht garantieren, die russische Sprache zu sprechen.

Im Gasstreit setzen Russland und die Ukraine ihre Verhandlungen am Montagabend in Brüssel fort. Am Dienstag läuft eine vom russischen Staatskonzern Gazprom gesetzte Frist für ausstehende Zahlungen der Ukraine ab. Dann könnte Gazprom die Lieferungen an die Ukraine einstellen. Die Ukraine hatte am 2. Juni rund 786 Millionen US-Dollar (577 Millionen Euro) für bis zum 1. April aufgelaufene Gasschulden bezahlt. Danach verblieben immer noch Schulden in Höhe von 1,45 Milliarden Dollar (1,05 Milliarden Euro).

Die Ukraine lehnt auch den von Gazprom vom 1. Juni an geforderten Preis von 485,5 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas strikt ab. Sie verlangt wie bisher - als der Preis bei 268 Dollar lag - einen Rabatt von Russland. Moskau will einen solchen Preisnachlass aber nicht geben. Angeblich könnte Russland aber bei einem Preis von 380 Dollar zum Einlenken bereit sein, sofern andere Vertragsbedingungen stimmen. (dpa/AFP)

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