Amtseinführung in Kiew: Präsident Poroschenko will die Ukraine in die EU führen
Bei der Amtseinführung lässt der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, keinen Zweifel daran, dass er sein Land in die EU führen will – dafür erhält er tosenden Applaus.
Petro Poroschenko ist der neue Präsident der Ukraine. Seine Amtseinführung hätte feierlicher kaum ausfallen können: perfektes Hochsommerwetter. Gäste aus West und Ost waren seiner Einladung gefolgt, und der 48-jährige Präsident weiß eine große Mehrheit der Bürger hinter sich.
Doch auch am Samstag warf der Konflikt mit Russland einen Schatten auf das Land. Die Ukraine befindet sich seit Monaten am Rande eines Krieges mit ihrem großen Nachbarn, die Halbinsel Krim ist annektiert und im Osten herrscht Bürgerkrieg.
Nur wenige Bürger durften in die Innenstadt
Die Kiewer Innenstadt war am Samstag zu einem Hochsicherheitstrakt umgebaut worden. Offiziell hieß es, das sei nötig, um die zahlreichen internationalen Staatsgäste zu schützen. Das Regierungsviertel und das historische Zentrum waren komplett abgesperrt. Die Bürger mussten draußen bleiben, einzig an der Sophienkirche hatte das Protokoll Zuschauer erlaubt. Die rund 1500 Schaulustigen dort erhofften nicht nur einen Blick auf den neuen Präsident zu erhaschen, sondern wollten auch die angereisten ausländischen Gäste sehen.
Auch Joachim Gauck ist gekommen
Der erfolgreiche Unternehmer Petro Poroschenko ließ sich von einer schwarzen Limousine zum Parlament fahren. Über einen schwarzen Teppich schritt er dann in die Werchowna Rada. Vor der versammelten politischen Klasse des Landes sowie zahlreichen Staats- und Regierungschefs, unter ihnen US-Vizepräsident Joe Biden, Bundespräsident Joachim Gauck und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, aber auch Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko, erläuterte Poroschenko seine Pläne für seine Regierungszeit.
Klare Worte des Präsidenten
Der neue Präsident machte unmissverständlich klar, welche Richtung sein Land einschlagen soll: „Die Ukraine gehört zu Europa, der nächste Schritt zur vollen Mitgliedschaft ist die Unterzeichnung des zweiten Teils des Assoziierungsabkommens mit der EU.“ Für diese Aussage erhielt er tosenden Applaus der über 600 Gäste, die sich im Sitzungssaal des Parlamentes versammelt hatten. „Der Kugelschreiber zur Unterzeichnung liegt bereit, wir sollten keine Zeit mehr verlieren“, rief Poroschenko seinen Zuhörern und den Bürgern zu, die die Vereidigung live am Bildschirm verfolgen konnten.
Eine Amnestie für die Separatisten
Poroschenko streckte den Separatisten in der Ostukraine die Hand aus. Die Krise im Donbass gelte es, so schnell wie möglich zu lösen. „Ich will keinen Krieg und keine Rache, ich will Frieden und die Einheit unseres Landes, deshalb bitte ich alle, die Waffen niederzulegen“, so der Präsident. Denjenigen, die illegal unter Waffen stehen, versprach er eine Amnestie, die solle aber nicht für „Mörder und Leute mit Blut an den Händen“ gelten. „Mit Terroristen, Banditen und Dreck verhandele ich nicht“, machte Poroschenko deutlich.
Parlamentswahlen sollen stabilisieren
Um im gesamten Land wieder stabile Verhältnisse herzustellen, soll es sehr bald zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommen. Gleichzeitig müsse eine Dezentralisierung umgesetzt werden, damit die Regionen mehr Entscheidungskompetenz erhielten. Einer Föderalisierung erteilte der Präsident eine klare Absage. „Die Ukraine ist ein unabhängiger Staat“, unterstrich er.
Ebenfalls nicht verhandelbar ist für Poroschenko die Krim-Frage. „Die Krim war, ist und wird ukrainisch sein. Punkt“, sagte Poroschenko und erhielt für diese Aussage Standing Ovations. Und an Russland gerichtet fuhr er fort: „Mit mir wird es in der Krim-Frage keine Kompromisse geben.“
Die Opposition will kooperieren
Poroschenko kündigte für die allernächste Zeit eine Reise in die Ostukraine an. Die instabile Lage kreidete er nicht Russland, sondern seinem Amtsvorgänger Viktor Janukowitsch an. Dieser habe in den vergangenen 17 Jahren nicht nur die Ostukraine, sondern auch weite Teile des Landes ruiniert und der Korruption Tür und Tor geöffnet.
Die ukrainische Politik scheint sich erst einmal einig zu sein, stärker als bisher zusammenarbeiten zu wollen. Die bei den Präsidentschaftswahlen unterlegene Julia Timoschenko war der Einladung zu Poroschenkos Amtseinführung gefolgt. „Mit dem neuen Präsidenten hat die Ukraine einen Faktor für Stabilität bekommen“, sagte die Politikerin vor den Feierlichkeiten im Parlament.
Ausländische Gäste besuchen Maidan
Tief bewegt zeigte sich eine Gruppe internationaler Besucher, die nach der Amtseinführung den Maidan, den Unabhängigkeitsplatz im Stadtzentrum von Kiew, besuchten. Unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck und Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite. „Ohne den mutigen Kampf der Menschen, die im Winter die Freiheit und europäischen Werte verteidigt haben, wären wir heute nicht hier“, sagte Grybauskaite am Samstag vor internationalen Medienvertretern.