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Pressekonferenz in einem Wilmersdorfer Hotel: Quim Torra (links) und Carles Puigdemont.
© Britta Pedersen/dpa

Treffen von Torra und Puigdemont: Separatisten-Gipfel in Berlin-Wilmersdorf

Quim Torra ist der neue Regionalchef Kataloniens. Als legitimen Präsidenten bezeichnet er jedoch seinen Vorgänger Carles Puigdemont - und besucht ihn im Berliner Exil.

Carles Puigdemont, das will er am Dienstag den versammelten Journalisten sofort deutlich machen, ist im Berliner Exil nicht untätig geblieben. „Guten Tag“, ruft er auf Deutsch in den Saal des Wilmersdorfer Hotels, in dem der katalanische Ex-Präsident zur Pressekonferenz geladen hat. Dann noch deutlich: „Und danke!“ Denn wieder kamen Dutzende, um Puigdemont zu hören – wobei diesmal noch ein anderer Katalane von Interesse war. Denn Puigdemont hat sich in Berlin mit dem amtierenden, gerade erst gewählten Regionalchef Quim Torra getroffen.

Beide bezeichnen den jeweils anderen als „Präsidenten Kataloniens“, beide sprechen zunächst Englisch, beantworten Fragen spanischer und katalanischer Reporter aber in deren Sprache. Von Berlin-Wilmersdorf aus ruft Torra die spanische Zentralregierung zum Dialog auf – und fordert ein Treffen mit Mariano Rajoy. Spaniens konservativer Premier müsse endlich das Wahlergebnis vom 21. Dezember 2017 akzeptieren.

Damals hatten die drei separatistischen Parteien eine Mehrheit im katalanischen Parlament errungen – und Puigdemont wieder zum Präsidenten ernannt. Dabei war die Wahl nach dem von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendum von Rajoy diktiert worden, in der Hoffnung, die prospanischen Parteien würden gewinnen. Puigdemont war da schon vor Spaniens Justiz nach Brüssel geflohen, später ist er nach einer Reise durch Nordeuropa in Deutschland festgenommen worden.

Torra appelliert am Dienstag an Rajoy, die Zwangsverwaltung über Katalonien zu beenden, unter die Madrid die Region nach dem Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 gestellt hatte: „95 Prozent unserer Finanzen“, sagte Torra, „kontrollieren wir in Katalonien nicht.“

Auch Puigdemont verlangte eine rasche Aufhebung der Zwangsverwaltung: „Wir haben keine Zeit zu verlieren, Katalonien braucht nun eine starke Regierung, die all die Dinge vor Ort anpackt.“ Er hoffe, Rajoy werde das Gesprächsangebot akzeptieren: „Der Ball liegt im Feld der Spanier.“ Torra forderte erneut die Freilassung der in Spanien inhaftierten Separatisten, darunter kürzlich wiedergewählte Abgeordnete.

Torra war kurz zuvor erst mit knapper Mehrheit zum katalanischen Regierungschef gewählt worden. Vier Versuche einer Regierungsbildung waren daran gescheitert, dass die Kandidaten von Spaniens Justiz belangt werden. Torra, Publizist und Anwalt, wird juristisch nicht verfolgt. Und dennoch sagte Torra in Solidarität mit Puigdemont, dass er eigentlich ihn als legitimen Regierungschef Kataloniens betrachte: „Ich selbst sehe mich als Übergangspräsidenten.“

Dennoch ist Torra legitimiert genug, um bei der Zentralregierung Gehör zu finden. Ministerpräsident Rajoy erklärte sich am Abend zu Gesprächen mit ihm bereit. „Ich denke, dass es positiv wäre, ein Treffen abzuhalten, und ich werde ihm zuhören.“ Jedoch betonte der Regierungschef gleichzeitig, dass eine Abspaltung Kataloniens weiterhin nicht zur Debatte stünde.

Puigdemont soll in Berlin vernommen worden sein

Unterdessen soll Puigdemont in Berlin von einem Vertreter des schleswig-holsteinischen Generalstaatsanwalts vernommen worden sein. Das meldete die Nachrichtenagentur Reuters. Der Ex-Regierungschef sei zu den Vorwürfen der spanischen Justiz befragt worden, die etwa die Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens durch Puigdemont als Bruch der Verfassung bewertet und ihm Veruntreuung vorwirft.

Der Generalstaatsanwalt in Schleswig muss entscheiden, ob die Vorwürfe der spanischen Justiz für eine Auslieferung ausreichen. Aus Sicht der Madrider Staatsanwaltschaft hat Puigdemont Steuergeld für das Unabhängigkeitsreferendum ausgegeben und somit zweckentfremdet. Kursierende Vorwürfe, russische Stellen hätten die separatistische Bewegung unterstützt, um Spanien zu schwächen, wiesen mehrere katalanische Funktionäre zurück. Im Gegenteil, hieß es, man habe auch Kontakte zu Moskau-nahen Medien gemieden.

In Barcelona regierte seit 2015 eine von sozialliberalen und linksnationalistischen Parteien geformte Koalition, die einen eigenen Staat forderte. Führende Separatisten aber hatten zuletzt erklärt, mit Madrid auch Gespräche über weitgehende Autonomie – also nicht unbedingt Sezession – führen zu wollen. (mit dpa)

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