UN-Migrationspakt: Seehofer: "Ich bin ein Verfechter dieses Abkommens"
Bundesinnenminister Seehofer ist für den Pakt - und warnt die Union zugleich davor, sich bei der Debatte von der AfD beeinflussen zu lassen.
Führende Vertreter der großen Koalition werben weiter für den umstrittenen Migrationspakt der Vereinten Nationen. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte dem "Spiegel": "Ich bin ein Verfechter dieses Abkommens. Es wird helfen, Schleuserkriminalität einzudämmen und die Rückführung in die Herkunftsländer zu erleichtern." Daher sei er zwar für eine offene Debatte über den Pakt, da es offenkundig noch Informationsdefizite gebe, plädiere aber für eine Zustimmung der Bundesregierung.
Außerdem warnte Seehofer die Union davor, sich bei der Debatte über den Pakt von der AfD beeinflussen zu lassen. "Wenn wir bei diesem Thema dem Druck der AfD nachgeben, gibt es das nächste Mal kein Halten mehr", so Seehofer. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Kandidat für den CDU-Vorsitz, hatte zuvor verlangt, dass auf dem CDU-Parteitag in Hamburg über den Pakt abgestimmt werden solle.
Über den UN-Migrationspakt wird schon seit Wochen heftig diskutiert. Der "Global Compact for Migration" der Vereinten Nationen soll bei einer Konferenz in Marrakesch am 10. und 11. Dezember offiziell angenommen werden. Er umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen, deren Umsetzung rechtlich aber nicht bindend ist. Im Kern geht es um eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik und um Standards im Umgang mit Flüchtlingen.
Befürworter argumentieren, die Vereinbarung ermögliche einen besseren Umgang mit Migrationsbewegungen und schütze Menschenrechte. Kritiker fürchten, dass dadurch eine Art Menschenrecht auf Migration aus wirtschaftlichen Motiven festgeschrieben werde und die Unterzeichnerstaaten quasi durch die Hintertür ihrer Souveränität in der Einwanderungspolitik beraubt würden.
Außenminister Maas: Vertrag ist ein "großer Fortschritt"
Außenminister Heiko Maas nannte den Vertrag der Vereinten Nationen einen „großen Fortschritt“. Er diene dem Zweck, eine vernünftige Basis für Migration zu schaffen, die auf der ganzen Welt schlichtweg Realität sei. „Das ist nicht nur gut für Deutschland. Es ist auch gut für alle Menschen“, sagte der SPD-Politiker in der „Rheinischen Post“ (Samstag). Rechtspopulisten nutzten das Thema Migration, um mit falschen Behauptungen Ängste zu schüren. „Das ist nicht neu. Umso wichtiger ist es, dass darüber breit debattiert wird. So können wir mit Fakten dagegenhalten: Der Migrationspakt ist keine Bedrohung, sondern ein Akt der Vernunft.“
Ähnlich äußerte sich auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. „Der Pakt ist aus meiner Sicht ein erster Schritt in dem Bemühen, weltweit mehr Ordnung in die Migration zu bringen“, sagte der CDU-Politiker „Focus Online“. Dies sei im Interesse der Bürger in Deutschland und helfe auch den Migranten, die nicht in Deutschland seien. Brinkhaus warb dafür, die Debatte über den Migrationspakt weiter zu versachlichen und "Besorgnissen entgegenzutreten". Erstmals gäbe es nach der Annahme des Pakts eine international breit getragene politische Absichtserklärung, illegale Migration zu unterbinden und Fluchtursachen zu bekämpfen.
Auch die im Pakt angesprochene Einhaltung von sozialen Mindeststandards für Migranten könne konkrete Verbesserungen bringen, sagte Brinkhaus. In den Golfstaaten zum Beispiel gebe es viele Wanderarbeiter aus Pakistan und Indien. "Sie arbeiten unter schrecklichen Verhältnissen." Wenn für diese Arbeiter gewisse soziale Mindeststandards gelten würden, würden sie "vermutlich eher davon abgehalten, in andere Länder aufzubrechen".
Wagenknecht: Abkommen "idealisiert Migration"
Die Fraktionschefin der Linken, Sahra Wagenknecht, kritisierte dagegen den UN-Migrationspakt. Dieser "idealisiert Migration und klammert die Ursachen aus, die zu beseitigen aber die entscheidende politische Aufgabe wäre", sagte Wagenknecht laut Vorabmeldung in der neuen Ausgabe des "Spiegel". Dass Migration in dem Abkommen grundsätzlich positiv bewertet wird, halte sie für falsch. Das Abwerben von Fachkräften aus den armen Ländern sei "eine neue Art neokolonialer Ausbeutung", sagte Wagenknecht weiter. Wagenknecht hatte Anfang September die linke Sammlungsbewegung "Aufstehen" mitbegründet, mit der sie für eine neue Mehrheit links der Mitte wirbt. (Tsp, dpa, AFP)