Voruntersuchung zu Trump-Impeachment: Schlüsselfigur Sondland belastet US-Präsidenten schwer
Der US-Botschafter bei der EU hat zentrale Vorwürfe gegen Trump untermauert. Der Präsident selbst sieht sich entlastet.
Spannung in Washington: Vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses hat am Mittwoch mit Gordon Sondland einer der zentralen Zeugen öffentlich ausgesagt. Der US-Botschafter bei der EU bekräftigte wesentliche Vorwürfe der US-Demokraten gegen den US-Präsidenten in der Ukraine-Affäre. Donald Trump äußerte sich allerdings noch während der Aussage zufrieden mit dem Gehörten, er sah sich entlastet.
Trump zitierte bei seiner Abreise zu einem Besuch in Texas Sondlands Aussagen zu einem Telefonat mit ihm Anfang September. Der Botschafter sagte dazu, er habe den Präsidenten in jenem Gespräch gefragt, was dieser von der Ukraine wolle. „Ich will nichts“, antwortete Trump demnach. „Ich will kein Quid proquo. Sagen Sie Selenski einfach, dass er das Richtige tun soll.“ Trump sagte dazu nun, genau dies habe er in jenem Telefonat mit Sondland gesagt. Die Angelegenheit sei damit erledigt.
Der Präsident versuchte auch erneut, auf Distanz dem Botschafter zu gehen. „Ich kenne ihn nicht gut. Ich habe nicht viel mit ihm gesprochen“, sagte er. „Das ist niemand, den ich gut kenne. Scheint aber ein netter Kerl zu sein.“
Zu Beginn seiner Anhörung hatte Sondland bestätigt, dass Trump eine Militärhilfe für Kiew mutmaßlich von gewünschten Ermittlungen in der Ukraine gegen seine innenpolitischen Rivalen abhängig gemacht hat. Er sei im Sommer zu dem Schluss gelangt, dass die Auszahlung der Militärhilfe in Höhe von fast 400 Millionen Dollar nicht erfolgen würde, solange sich die Ukraine nicht in einem öffentlichen Statement zu Ermittlungen unter anderem gegen die Gasfirma Burisma verpflichte, erklärte Sondland im US-Kongress. Für Burisma war früher der Sohn des Trump-Rivalen und US-Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden tätig.
Er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet. „Die Forderungen von Herrn Giuliani waren ein Quid pro quo (Gegenleistung), um für Präsident Selenski einen Besuch im Weißen Haus zu arrangieren.“
Sondland betonte, Giuliani habe verlangt, dass die Ukraine ein öffentliches Statement abgebe und die gewünschten Ermittlungen ankündige. „Herr Giuliani hat die Wünsche des Präsidenten der Vereinigten Staaten ausgedrückt, und wir wussten, dass diese Ermittlungen dem Präsidenten wichtig waren.“ Er und andere hätten nicht mit Giuliani zusammenarbeiten wollen, sagte Sondland. Er betonte aber: „Wir haben mit Herrn Giuliani zusammengearbeitet, weil der Präsident uns angewiesen hat, das zu tun.“ Und weiter: „Wir haben alle verstanden, dass wir eine wichtige Gelegenheit verlieren würden, die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Ukraine zu zementieren, wenn wir uns weigern würden, mit Herrn Giuliani zusammenzuarbeiten. Also folgten wir den Anweisungen des Präsidenten.“
Sondland beteuert, er habe am 26. Juli mit Trump telefoniert
Auch in einem anderen Punkt widersprach Sondland dem Präsidenten. Er sagte, er habe am 26. Juli mit Trump telefoniert – was der Präsident bestreitet. Das Telefonat habe fünf Minuten gedauert, sagte Sondland. Er sei damals in einem Restaurant in Kiew gewesen.
Ein Mitarbeiter der US-Botschaft in Kiew, David Holmes, hatte vor wenigen Tagen im Kongress ausgesagt, er habe am 26. Juli jenes Telefonat zwischen Sondland und Trump in dem Restaurant mitgehört. Trump habe sich dabei ausdrücklich danach erkundigt, ob der ukrainische Präsident Selenski Ermittlungen in die Wege leiten werde, die Trumps politischem Rivalen Joe Biden schaden könnten.
Sondland habe geantwortet: „Er wird es tun.“ Er habe hinzugefügt, Selenski werde alles tun, „um was Sie ihn bitten“. Trump hatte die Darstellung zurückgewiesen und gesagt: „Ich weiß nichts davon.“ Er erinnere sich nicht an eine solche Unterhaltung, „nicht mal ein bisschen“.
Sondland bestätigte nun aber selbst, dass es das Gespräch gegeben hat. Es stimme, dass der Präsident bisweilen laut spreche. Er könne sich zwar nicht an die genauen Details des Telefonats erinnern, habe aber keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Ermittlungen in der Ukraine dabei eine Rolle gespielt hätten und dass der andere Zeuge richtig ausgesagt habe.
Sondland hatte bereits Mitte Oktober hinter verschlossenen Türen im Kongress ausgesagt und später – nachdem er nach eigenen Angaben seine „Erinnerung aufgefrischt“ hatte – weitere Details hinzugefügt, die es in sich haben. Demnach hatte er selbst der ukrainischen Regierung gegenüber angegeben, dass die Auszahlung der US-Militärhilfe „wahrscheinlich“ nicht erfolgen werde, solange Kiew nicht öffentlich eine „Anti-Korruptions-Erklärung“ abgebe. Zentral ist die Frage, ob Sondland auf Anweisung Trumps handelte, wie andere Zeugen nahelegten.
Trump versuchte zuletzt, auf Distanz zu Sondland zu gehen
Sondland hatte dem Trump-Team nach dessen Wahl zum Präsidenten eine Million Dollar gespendet und wurde später zum Botschafter ernannt. Trump versuchte zuletzt, auf Distanz zu Sondland zu gehen. Doch Zeugen zufolge hatte er einen engen Draht und viel Zugang zu Trump. Am Dienstag bekräftigte der frühere Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats, Tim Morrison, vor dem Repräsentantenhaus, Sondland habe ihm gesagt, dass er Trump jederzeit anrufen könne.
Der Geheimdienstausschuss hatte am Montag das Transkript einer Anhörung des Diplomaten David Holmes von der US-Botschaft in Kiew hinter verschlossenen Türen veröffentlicht. Holmes berichtete dort, er habe bei einem Mittagessen mit Sondland in Kiew am 26. Juli dessen Telefonat mit Trump mitgehört. Trump habe dabei gefragt, ob Selenski Ermittlungen in die Wege leiten werde, die Joe Biden schaden könnten. Sondland habe geantwortet: „Er wird es tun.“ Er habe hinzugefügt, Selenski werde alles tun, „um was Sie ihn bitten“.
In einer zweiten Sitzung (20.30 Uhr MEZ) am Mittwoch sollen zwei Mitarbeiter aus dem Verteidigungs- und dem Außenministerium zu der Ukraine-Affäre aussagen – ebenfalls in öffentlicher Sitzung.
Ist schon ziemlich interessant, wenn der US-Präsident angesichts der Krim-Kriese, des Bürgerkriegs in der Ostukraine und der kürzlichen Wahlen noch nie mit seinem Sicherheitsexperten für dieses strategisch nicht ganz unbedeutende Land gesprochen hat.
schreibt NutzerIn jetb
Vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses waren am Dienstag vier Zeugen gehört worden, darunter der angesehene Militärvertreter und Schlüsselzeuge Alexander Vindman. Die Befragungen dauerten insgesamt neun Stunden lang und wurden im Fernsehen übertragen.
Trump versuchte, Vindman zu diskreditieren. Das Weiße Haus stellte bei Twitter Vindmans „Urteilsvermögen“ infrage, obwohl dieser weiter für den Nationalen Sicherheitsrat tätig ist. Trump sagte, es solle „kurzer Prozess“ gemacht werden. Er habe den Ukraine-Experten des Nationalen Sicherheitsrates noch nie getroffen. „Ich hab den Mann noch nie gesehen.“
Der Ablauf des Amtsenthebungsverfahrens
- Aktuell laufen die Voruntersuchungen zur Einleitung eines Impeachment-Verfahrens im Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses.
- Im nächsten Schritt muss das gesamte Repräsenantenhaus über eine Anklageerhebung abstimmen. Dabei genügt eine einfache Mehrheit. In dieser Kongress-Kammer haben die Demokraten eine Mehrheit.
- Danach würden im Senat, der anderen Kongresskammer, ebenfalls Zeugenvernehmungen stattfinden.
- Am Ende muss der Senat über das Schicksal des Päsidenten abstimmen. Eine Zweidrittelmehrheit ist für dessen Absetzung nötig. Hier haben die Demokraten noch nicht einmal eine einfache Mehrheit.
Der angesehene und hochdekorierte Irak-Veteran Vindman hatte bei der Anhörung seine Vorwürfe gegen Trump bekräftigt. Er habe ein Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „unangemessen“ empfunden. Er sei „besorgt“ über das Gespräch gewesen und habe seine Bedenken aus „Pflichtbewusstsein“ dem Anwalt des Nationalen Sicherheitsrats mitgeteilt.
Trump versuchte, Vindmans Glaubwürdigkeit zu untergraben
Auch Trumps Republikaner versuchten während der Befragung vehement, Vindmans Glaubwürdigkeit zu untergraben und befragten ihn mehrfach zu seiner Herkunft und seinen Verbindungen in die Ukraine. Vindman stammt aus der früheren Sowjetunion und wurde in Kiew geboren. Er kam als Kind mit seinen Eltern in die USA, die dort auf ein besseres Leben hofften. Vindman hatte bereits in seiner Eingangserklärung die verbalen Angriffe auf Zeugen in der Ukraine-Affäre als „verwerflich“ kritisiert.
Nach der Marathon-Anhörung zog das Weiße Haus die Ermittlungen zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump erneut in Zweifel. Bei den „unrechtmäßigen“ Zeugenbefragungen sei „nichts Neues“ herausgekommen, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham. (AFP, dpa)