Urteil im Fall Chemnitz: Schlecht, aber Recht
Nach dem Richterspruch gegen Alaa S. wird die Frage laut, ob das Urteil gerecht ist oder politisch aufgeladen. Der Verdacht klingt ungeheuerlich. Ein Kommentar.
Das Urteil ist hart, neuneinhalb Jahre Haft sind eine lange Zeit. Auch wenn Alaa S. früher freikommen sollte, müsste er für die tödlichen Messerstiche in Chemnitz lange büßen. Wenn er denn der Täter war. Die Frage drängt sich angesichts wackliger Zeugenaussagen auf.
Und sie ist leider politisch aufgeladen. Es geht nicht um irgendein Verfahren in der Provinz. Der Tod des Deutsch-Kubaners Daniel Hillig im August 2018 hatte eine Kettenreaktion ausgelöst, an die sich die Republik mit Grausen erinnert.
Rechtsextremisten strömten zu Tausenden in die Stadt, Normalbürger schlossen sich an, Journalisten und Migranten wurden attackiert, die Polizei war überfordert.
„Chemnitz“ ist ein Synonym für die rechte Gefahr wie einst „Rostock“ und „Hoyerswerda“. Und jetzt dieses Urteil. Im Netz wird schon die Frage gestellt, ob die Richter womöglich öffentlichem Druck nachgegeben und den syrischen Flüchtling bestraft haben, anstatt ihn nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizusprechen.
Der Verdacht klingt ungeheuerlich. Dass der Rechtsstaat Recht beugt, um eine ausländerfeindliche Stimmung zu bedienen, ist unvorstellbar. Auch in Sachsen. Das Urteil ist kritikwürdig, wie andere auch, aber kein Anlass, die Integrität der Justiz anzuzweifeln.
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