zum Hauptinhalt
Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe
© AFP/Christof Stache
Update

222. Tag im NSU-Prozess: Schlappe für Beate Zschäpe: Keine Ermittlungen gegen Verteidiger

Im NSU-Prozess bleibt die Strafanzeige der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gegen ihre drei ursprünglichen Pflichtverteidiger ohne Folgen. Die Staatsanwaltschaft lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels Straftat ab.

Beate Zschäpe hat im Kleinkrieg mit drei ihrer vier Pflichtverteidiger eine Niederlage erlitten. Die war absehbar, doch möglicherweise ging es der Hauptangeklagten im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München auch eher darum, den Konflikt um des Konflikt willens weiter eskalieren zu lassen. Die Staatsanwaltschaft München lehnte jedenfalls am Mittwoch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm ab – "mangels Straftat", wie es in der Mitteilung der Behörde heißt.

Die Anwälte hätten ihre Verschwiegenheitspflicht verletzt, so die Angeklagte

Strafanzeige gegen die Pflichtverteidiger eingereicht. Die Anwälte hätten ihre Verschwiegenheitspflicht verletzt, behauptete die Angeklagte. Dem konnte die Staatsanwaltschaft nicht folgen. Der Prozess um die schweren Verbrechen der Terrorzelle NSU ist damit allerdings noch nicht aus den seit Juni anhaltenden Turbulenzen heraus. Die Angeklagte hatte als Grund für ihre Vorwürfe ein kürzlich bekannt gewordenes Gespräch von Heer, Stahl und Sturm mit dem Vorsitzenden Richter im NSU-Prozess, Manfred Götzl, genannt. Die Anwälte sollen im Juni angedeutet haben, die bislang hartnäckig schweigende Zschäpe könnte auf Fragen antworten. Der mutmaßliche Inhalt des Gesprächs wurde der Angeklagten angeblich erst bekannt, als Götzl die Unterredung im Prozess stichwortartig erwähnte. Das reichte Zschäpe, um die Anwälte anzuzeigen, vermutlich mit Hilfe ihres neuen Pflichtverteidigers Mathias Grasel.

Die Staatsanwaltschaft hält die Vorwürfe Zschäpes, ähnlich wie die angegriffenen Verteidiger, für haltlos. Dass Verhalten der Anwälte erfülle "keinen Straftatbestand", schrieb Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch in seiner Mitteilung. Und er belehrte Zschäpe über die Rolle von Verteidigern in Strafverfahren. Das Gespräch mit dem Vorsitzenden Richter sei "ein legitimes Verhalten von Verteidigern, die als Organe der Rechtspflege selbstständig und unabhängig von der Angeklagten agieren". Der Anzeige ist für die Staatsanwaltschaft nicht zu entnehmen,  dass die Anwälte Informationen weitergaben, „die sich auf die Frage der Schuld oder Unschuld“ Zschäpes beziehen.

Der Richter verhandelte trotz Zschäpes Anträgen ungerührt weiter

Das hätte der Angeklagten auch ihr vierter Pflichtverteidiger Grasel sagen und sie von der Anzeige abhalten können. Doch der junge Münchner Anwalt, der wenig Erfahrung hat und sich erst in den Prozessstoff einarbeitet, hat Zschäpes Attacke zumindest nicht verhindert. Vielleicht ging es um eine Perspektive über die Strafanzeige hinaus. Dem Oberlandesgericht liegen auch Anträge Zschäpes auf Ablösung von Heer, Stahl und Sturm vor. Die Strafanzeige, so dünn sie auch war, sollte offenbar Richter Götzl signalisieren, dass es kein Vertrauensverhältnis zwischen der Angeklagten und den drei Verteidigern mehr gibt und geben kann. Dennoch bleibt offen, ob Götzl die Anwälte entpflichtet. Der Richter verhandelte auch am Mittwoch trotz Zschäpes Anträgen ungerührt weiter.

Eine Chronik des NSU-Prozesses finden Sie hier.

Zur Startseite