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Marco Buschmann (FDP), Jürgen Braun (AfD) und Alexander Gauland (AfD) streiten sich lautstark während der Plenarsitzung.
© dpa

Umkämpftes UN-Abkommen: Schlagabtausch zum Migrationspakt im Bundestag

Die AfD stößt im Bundestag bei der Debatte um den Migrationspakt auf starken Gegenwind. Kritik trifft aber auch die Bundesregierung.

Es passiert nicht häufig, dass Landesminister im Bundestag sprechen. Doch als am Donnerstag unter der Reichstagskuppel laut und hitzig über den UN-Migrationspakt diskutiert wird, sind nicht nur die Reihen im Plenum gut besetzt. Auch der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp von der FDP ist angereist und redet sich in Rage. Der Migrationspakt, ein Angriff auf die nationale Souveränität? „Völlig falsch“, meint Stamp. „Im Text steht, dass alle Länder in ihrer Migrationspolitik völlig souverän bleiben.“ Und auch dass der Pakt die illegale Migration befördere sei Unsinn. Im Gegenteil: „Es geht darum, sie zu bekämpfen.“

Es war eine längst überfällige Debatte, die der Bundestag führte. Beantragt hatte sie, zum Leidwesen vieler Abgeordneter, die AfD. Die Rechtspopulisten machen wie die vom Verfassungsschutz beobachtete „Identitäre Bewegung“ schon seit Monaten gegen das Abkommen mobil, das Anfang Dezember in Marokko von der Staatengemeinschaft unterzeichnet wird. Der Pakt ist rechtlich nicht bindend, soll aber eine internationale Grundlage für den staatlichen Umgang mit Migration schaffen. Es geht um Rechte für Migranten, aber auch um Maßnahmen zur Grenzsicherung und gegen Schlepper. Deutschland war eine treibende Kraft, doch eine öffentliche Diskussion hat es lange nicht gegeben. Das führte dazu, dass die AfD unter ihren Anhängern ungehindert Stimmung gegen den Pakt machen konnte - teilweise auch mit Halbwahrheiten und Fehlinformationen - ohne dass dem etwas entgegengesetzt wurde. Vor allem in den sozialen Medien fuhr die AfD ihre Kampagne.

„Linke Träumer und globalistische Eliten“

Den Auftakt der Debatte im Bundestag machte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. „Linke Träumer und globalistische Eliten“, so Gauland, wollten Deutschland von „einem Nationalstaat in ein Siedlungsgebiet verwandeln“. Eine Behauptung, mit der der Fraktionschef auf der gängigen Verschwörungsklaviatur seiner Partei spielte. Gauland monierte, in dem Dokument werde Migration ausschließlich als Quelle von Wohlstand und nachhaltiger Entwicklung dargestellt. „Der Pakt dient nicht dem deutschen Interesse.“

Gauland verwies auf Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Der hatte vergangene Woche angekündigt, sein Land werde aus dem Pakt aussteigen. Zuvor hatten sich bereits Ungarn, die USA und Australien aus dem Abkommen verabschiedet. Aber erst nach der Ausstieg Österreichs war es in Deutschland auf der nationalen Agenda gelandet.

Trotz lauten Zwischenrufen und gegenseitigen Beschimpfungen, ging es am Donnerstag vor allem um Argumente. CDU-Politiker Stephan Harbarth erklärte, der Pakt liege sehr wohl im deutschen Interesse. Er werde sogar dazu führen, dass der Migrationsdruck nach Deutschland abnehme. Wenn nämlich auch in anderen Ländern gute Bedingungen für Migranten herrschten – etwa bei der Gesundheitsversorgung. „Wer für den Pakt ist, schafft Voraussetzungen dafür, dass die Anreize nach Deutschland zu kommen zurückgehen“, sagte er. Harbarth verwies auf Jordanien, wo viele Flüchtlinge leben. Die Situation dort sei zwar weit entfernt von deutschen Standards, sagte Harbarth. Aber der Fakt, dass es dort für Migranten Gesundheitsversorgung, Nahrung und Bildungseinrichtungen gebe, führe dazu, „dass die Menschen sagen: Wir kommen nicht nach Europa“.

„Schäbige Angstkampagne“

In der Debatte gab die Union ein geschlossenes Bild ab, dabei hatte es in den Tagen zuvor hinter den Kulissen kontroverse Diskussionen gegeben. So hatte Alexander Mitsch, der Vorsitzende der konservativen Werteunion verkündet, so ein Papier dürfe nicht einfach am Parlament vorbei entschieden werden. Der Innenpolitiker Marian Wendt hatte in der „Welt“ erklärt, er wolle sich mit einigen anderen gegen die Unterzeichnung des Migrationspaktes aussprechen. Und auch Gesundheitsminister Jens Spahn hatte eine genaue Prüfung des Abkommens verlangt. In einer Fraktionssitzung war dann eine Mehrheit für den Pakt. Die Union will daher einen Antrag, der die Bedeutung des Abkommens für Deutschland unterstreicht, mit der SPD abstimmen und in den Bundestag einbringen.

Der SPD-Politiker Christoph Matschie verwies darauf, dass Migration auch den wirtschaftlichen Erfolg und die Innovationskraft eines Landes befördern könne. „Schauen Sie mal ins Silicon Valley“, rief er. Dort habe ein großer Teil der Gründer und Mitarbeiter einen Migrationshintergrund. Der AfD warf er außerdem vor, es gehe ihr nicht um „unser Land“. „Mit ihrer verleumderischen Kampagne wollen sie nur eins: Angst schüren und Hass schüren und dagegen setzen wir uns zur Wehr“, sagte Matschie.

Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen kritisierte schließlich, dass sie drei Mal bei den Verhandlungen zum Migrationspakt in New York gewesen sei – als einzige Abgeordnete des deutschen Bundestages. Insbesondere der AfD machte sie den Vorwurf, sich an den Verhandlungen nicht beteiligt zu haben. „Wo waren Sie denn mit Ihrer Kritik?“, rief sie. Das Vorgehen der Rechtspopulisten gegen den Pakt bezeichnete sie als „schäbige Angstkampagne“.

Heftige Kritik übte die Opposition auch an der Bundesregierung. Diese habe durch ihre mangelnde Aufklärung eine Mitschuld am Erfolg populistischer Propaganda gegen den UN-Migrationspakt.

Lesen Sie hier unsere Causa-Expertendebatte zum Migrationspakt nach.

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