Arbeitsrechtsreform in Frankreich: Schicksalstage für Präsident Macron
Frankreichs Staatschef Macron will sich bei seiner Reform des Arbeitsrechts nicht beirren lassen. Er will den "Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit" gewinnen.
In Frankreich hat die „rentrée“, also die Rückkehr aus der Sommerpause, begonnen – zumindest politisch. Während die Schüler noch in der kommenden Woche die Ferien genießen können, herrscht in der Politik spätestens seit Donnerstag wieder Hochbetrieb. Premierminister Edouard Philippe verteidigte am Morgen in einem Interview mit dem Sender BFM-TV die geplante Reform des Arbeitsrechts gegen die Kritik der früheren Präsidenten François Hollande. Der Sozialist hatte zuvor gesagt, man solle von den Franzosen keine Opfer verlangen, die „nicht nötig sind“. Es war der gewissermaßen der Auftakt für eine Woche, die für die Zukunft von Hollandes Nachfolger Emmanuel Macron eine entscheidende Bedeutung hat.
Betriebsbedingte Kündigungen sollen erleichtert werden
Die von Hollande kritisierte Arbeitsrechts-Reform soll unter anderem betriebsbedingte Kündigungen erleichtern und branchenübergreifende Vereinbarungen einschränken. Bereits im vergangenen Jahr wurde in der Amtszeit Hollandes unter der Federführung von dessen damaliger Arbeitsministerin Myriam El Khomri eine umstrittene Reform verabschiedet, die eine Ausweitung von Betriebsvereinbarungen ermöglichte. Hollande hatte zuvor angesichts des Protestes der Gewerkschaften das Gesetz entschärft. Allerdings scheiterte er gleichzeitig mit seinem Vorhaben, die Arbeitslosigkeit zu senken. Nun erteilte er seinem Nachfolger den Rat, die Arbeitsrechts-Reform vom vergangenen Jahr nicht mehr anzutasten, weil ansonsten ein „Bruch“ in der Gesellschaft drohe.
Macron will keine halbherzigen Reformen à la Hollande
Macron will hingegen keine halbherzigen Reformen à la Hollande. Sein erklärtes Ziel ist es, bis zur nächsten Präsidentschaftswahl 2022 die Arbeitslosenquote von derzeit neun auf sieben Prozent zu senken. Am Donnerstag der kommenden Woche will seine Arbeitsministerin Muriel Pénicaud die Details der Arbeitsrechts-Reform enthüllen, die bereits im kommenden Monat in Kraft treten soll. Die Kritik seines Vorgängers konterte Macron mit den Worten: „Beim Umbau, den wir in Angriff genommen haben, geht es darum, Frankreich ins 21. Jahrhundert zu bringen und den Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit zu gewinnen.“
Bislang hatte lediglich die radikale Gewerkschaft CGT für den 12. September zu Protesten gegen Macron aufgerufen. Dass sich nun Macrons unpopulärer Vorgänger Hollande in den Chor der Kritiker einreiht, mag für den Staatschef noch verschmerzbar sein. Schwerer wog da schon, dass sich am Donnerstag auch François Bayrou erstmals seit seinem Rücktritt zu Wort meldete und den Vertretern der Regierungspartei „La République en Marche“ einen Mangel an politischer Orientierung vorwarf. Bayrou, der mit seiner Mitte-Partei MoDem Wahlkampf für Macron gemacht und anschließend im Juni wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre seinen Hut als Justizminister genommen hatte, kritisierte mehrere Maßnahmen der Regierung: die Einschränkungen beim Wohngeld, die Erhöhung der Sozialsteuer, welche unter anderem Rentner mit höheren Bezügen trifft, sowie Steuervorteile für Besserverdienende. Tatsächlich kann man den Eindruck bekommen, dass die Regierung immer noch auf Kurssuche ist, wenn es darum geht, wie angekündigt die Etatvorgaben des Maastricht-Vertrages einzuhalten.
Frankreichs Staatschef zeigt sich offen für Rumäniens Schengen-Beitritt
Um die Senkung der Arbeitslosigkeit in Frankreich geht es indes auch während einer Europa-Werbetour Macrons, bei der Frankreichs Staatschef in diesen Tagen in Österreich, Rumänien und Bulgarien Verbündete für sein Vorhaben einer deutlichen Verschärfung der EU-Entsenderichtlinie sucht. Die Richtlinie ermöglicht es Firmen – etwa aus Osteuropa –, Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit in andere EU-Staaten zu entsenden, aber nur die niedrigeren Sozialabgaben aus dem Herkunftsland zu entrichten. Macron sieht darin Sozialdumping zu Lasten französischer Arbeitnehmer – etwa im Bausektor. Nach der Begegnung mit seinem rumänischen Amtskollegen Klaus Johannis gab er sich am Donnerstag in Bukarest überzeugt, dass bis Jahresende auf EU-Ebene eine Einigung über die Entsenderichtlinie gefunden werde. Im Gegenzug zeigte sich Macron im Anschluss an das Treffen offen für den Wunsch der Regierung in Bukarest, dass Rumänien eines Tages dem kontrollfreien Schengen-Raum beitritt.