Französischer Präsident 100 Tage im Amt: Macron plant Reform des Arbeitsrechts
Nach 100 Tagen ist die Bilanz von Frankreichs Staatschef Macron gemischt. Die Umfragewerte sinken – viel wird von seiner Arbeitsmarktreform abhängen.
Emmanuel Macron will nicht dieselben Fehler machen wie seine Vorgänger. Bereits im Wahlkampf erklärte der 39-Jährige in einem Interview, dass Nicolas Sarkozy, Jacques Chirac und François Hollande in den ersten Wochen ihrer Amtszeit entweder durch übertriebenen Medienrummel, Realitätsverweigerung oder das Aufschieben nötiger Reformen den Grundstein für ihr Scheitern gelegt hätten. Nach der Präsidentschaftswahl im Mai ist Macron nun selber Staatschef. Und damit kommt auch er nicht um eine Übung herum, der sich schon seine Vorgänger unterziehen mussten: Nach 100 Tagen ist es Zeit für eine erste Bilanz zur Amtsführung des neuen Mannes im Elysée-Palast. An diesem Montag ist es für Macron so weit.
Kontrolle über die Urlaubsfotos
Als der von 2007 bis 2012 amtierende Sarkozy die ersten 100 Tage im Amt hinter sich hatte, haftete ihm schon ein schlechtes Image als Bling-bling-Präsident an. Unvergessen sind die Fotos aus dem ersten präsidentiellen Kurzurlaub Sarkozys, bei dem der Konservative auf der Yacht „Paloma“ des Milliardärs Vincent Bolloré im Mittelmeer ausspannte und sich alles andere als volksnah gab. Macron wusste also, welche Fehler er vermeiden musste, als er vor über einer Woche mit seiner Ehefrau Brigitte in den Urlaub nach Marseille aufbrach.
Der Staatschef dürfte sich wohl bewusst für die bodenständige Hafenstadt und gegen das mondäne St. Tropez entschieden haben, wo die Besserverdienenden Ferien machen. Auch über die veröffentlichten Urlaubsfotos dürfte Macron mit Argusaugen gewacht haben. Gegen einen Paparazzo, der nach Angaben des Elysée-Palastes auf das Anwesen der staatlichen Urlaubsvilla vordringen wollte, erstattete er Anzeige. Stattdessen bekamen die Franzosen Urlaubsbilder zu sehen, die ihren Staatschef beim Fußballtraining mit seinem Lieblingsclub „Olympique Marseille“ zeigten.
62 Prozent der Franzosen sind unzufrieden mit Macron
Ob Macrons striktes Medien-Monitoring dem Präsidenten angesichts von dessen schlechten Umfragewerten hilft, muss sich allerdings noch zeigen. Nach einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Harris Interactive sind inzwischen 62 Prozent der Franzosen unzufrieden mit der Politik Macrons. Das ist ein erheblicher Vertrauensverlust für den Präsidenten, der vor 100 Tagen mit Militärparade und Salutschüssen ins Amt eingeführt worden war. Es ist lange her, dass ein Präsident in ähnlich kurzer Zeit gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen solchen Dämpfer in den Umfragen hinnehmen musste. Zuletzt passierte dies Chirac im Jahr 1995.
Dabei kommt Macrons Umfrage-Tief nicht ganz überraschend. Viele Franzosen hatten ihn in erster Linie deshalb gewählt, weil sie so den Vormarsch der Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, ins Präsidentenamt verhindern konnten. Inzwischen hat aber Macron die ersten Sparmaßnahmen mit Kürzungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro im laufenden Haushalt angekündigt – und entsprechend purzeln auch die Beliebtheitswerte.
Reform des Arbeitsrechts ist wichtigstes Thema
In dieser Woche will der Staatschef wieder Boden in der Öffentlichkeit gutmachen, wenn er zu einer mehrtägigen Reise nach Österreich, Bulgarien und Rumänien aufbricht. Dabei möchte er für seine Forderung nach einer Verschärfung der EU-Entsenderichtlinie im Sinne französischer Beschäftigter werben. Das Vorhaben, mit dem Macron Sozialdumping aus Osteuropa eindämmen will, richtet sich nicht zuletzt an die Arbeiter in Frankreich, die teilweise zum Wählerreservoir des Front National gehören.
Entscheidend für Macrons Bilanz in den ersten Monaten dürfte allerdings ein anderes Thema sein: Die Reform des Arbeitsrechts, deren Details bis Ende August feststehen sollen. Einer Umfrage von Harris Interactive zufolge sind die Franzosen gespalten, was die Reform anbelangt. Während 46 Prozent die Novelle befürworten, welche die Regelung der Arbeitsbedingungen stärker auf die Unternehmensebene verlagern soll, sprechen sich 52 Prozent dagegen aus. Dass Macron die Reform auf dem Verordnungsweg ohne große Mitspracherechte des Parlaments durchpeitschen will, lehnen allerdings 63 Prozent der Befragten ab.
Positiver Trend
Die Reform dient letztlich dem Ziel, mehr Jobs in Frankreich zu schaffen. Ob Macrons Rechnung aufgeht, ist derzeit noch offen. Aber immerhin kann der Präsident bei den Arbeitslosenzahlen von einem positiven Trend profitieren: In der vergangenen Woche verkündete das französische Statistikamt Insee einen leichten Rückgang der Arbeitslosenquote auf 9,2 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit fünf Jahren. Allerdings geht die Trendwende nicht auf Emmanuel Macron zurück – sondern sie kam schon 2015 während der Präsidentschaft Hollandes.