Verkehrsminister: Scheuer gegen Tempo 130 auf Autobahnen und höhere Dieselsteuer
Autofahrer könnten stärker zum Klimaschutz beitragen, befindet eine Regierungskommission. Verkehrsminister Andreas Scheuer hält nichts von den Vorschlägen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat Überlegungen einer Regierungskommission zu einem Tempolimit auf Autobahnen und zu höheren Dieselsteuern strikt zurückgewiesen. Sie seien „gegen jeden Menschenverstand“ gerichtet, sagte Scheuer am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in München.
In der Kommission sitzen Vertreter unter anderem der IG Metall, des ADAC, des Industrieverbands BDI, des Autoverbands VDA, von Volkswagen, Deutscher Bahn, Städtetag und Umweltverbänden wie Nabu oder BUND. Die Bundesregierung hatte das Gremium zu Beratungen über die Zukunft der Mobilität vor dem Hintergrund eingesetzt, dass der Verkehrssektor festgelegte Ziele für das Einsparen von Kohlendioxid (CO2) zu verfehlen droht.
Am Freitag waren Überlegungen aus dem Gremium bekannt geworden – etwa über eine Neuzulassungsquote für Elektro-Pkw, höhere Steuern auf Diesel und ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen. Die „Bild“-Zeitung nannte dies am Samstag „irre Vorschläge“.
In dem Papier geht es um konkret um Überlegungen etwa über eine Neuzulassungs-Quote für Elektro-Pkw in Deutschland und die Umgestaltung der Energiesteuern. So könnte es ab 2021 zunächst eine Angleichung der Diesel- und Benzinsteuer geben und ab 2023 einen schrittweisen Anstieg. Eine Idee ist auch ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen - es scheint aber mehr als fraglich, ob die Politik eine solche unpopuläre Maßnahme wirklich umsetzen würde.
Das Bundesverkehrsministerium erklärte, die Bundesregierung habe vor vier Monaten die „Nationale Plattform zur Zukunft der Mobilität“ eingesetzt. Ideen, die Experten in den Arbeitsgruppen sammelten, seien „weder beraten, abgestimmt oder beschlossen“. Unter den nun bekannt gewordenen „ersten Gedankenspiele“ zum Klimaschutz im Verkehr seien Debatten-Beiträge, die „weder sozial noch wirtschaftlich zu verantworten“ seien.
„Die angeführten Maßnahmen stammen aus einem Arbeitspapier aus dem Dezember und sind völlig zusammenhanglos und plakativ herausgezogen worden“, hieß dazu am Freitag aus der Kommission.
Scheuer teilte danach mit: „Einige Gedankenspiele zeigen fehlendes Gespür oder sind pure Absicht.“ Einige Lobbyisten wollten ihre „immer wieder aufgewärmte Agenda“ durchdrücken.
Der CSU-Politiker betonte: „Wir wollen die Bürger von den Chancen der Mobilität der Zukunft begeistern und mitreißen. Forderungen, die Zorn, Verärgerung, Belastungen auslösen oder unseren Wohlstand gefährden, werden nicht Realität und lehne ich ab.“
Konzept bis Ende März
Die Klimaschutz-Arbeitsgruppe hatte ursprünglich schon bis Ende 2018 Vorschläge vorlegen wollen, nun soll ein Konzept bis Ende März stehen. Hintergrund sind Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung bis 2030 für die einzelnen Sektoren wie Energiewirtschaft, Gebäude und Verkehr. Der CO2-Ausstoß im Verkehr ist in den vergangenen Jahren nicht gesunken.
In der Kommission sitzen Vertreter ganz unterschiedlicher Interessen, darunter IG Metall, ADAC, Industrieverband BDI, der Autoverband VDA Volkswagen, Deutsche Bahn, Städtetag und Umweltverbände wie Nabu und BUND. In den Beratungen geht es auch um soziale Aspekte - etwa darum, untere und mittlere Einkommen im Schnitt nicht höher zu belasten.
Überlegungen stoßen auf Kritik
Bereits die nun bekannt gewordenen ersten Überlegungen aus der Arbeitsgruppe sorgten für Proteste. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sprach von einer verkehrs- und klimapolitischen Zumutung: „Nach den absurden Diesel-Fahrverboten sollen jetzt ein generelles Tempolimit, Pflichtquoten für Elektroautos und erhebliche Steuererhöhungen folgen. Damit wird die Mobilität in Deutschland noch teurer.“ Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange sagte der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Den Vorschlag eines Tempolimits auf Autobahnen halte ich nicht für zielführend.“
Im Fokus der Öffentlichkeit stand bisher eine andere Regierungskommission - und zwar die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Das Gremium soll bis spätestens Anfang Februar ein Konzept zu einem schrittweisen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung erarbeiten. Außerdem soll es um konkrete Vorschläge für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen gemacht werden.
CO2-Ausstoß gestiegen
Anders als im Energiebereich aber ist im Verkehr in den vergangenen Jahren beim Ausstoß der Treibhausgasemissionen wenig passiert- im Gegenteil. Mehr Autos, höhere Fahrleistungen und immer stärkere Motoren haben dafür gesorgt, dass der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) im Autoverkehr sogar noch gestiegen ist. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes war der Autoverkehr in Deutschland 2017 im vergangenen Jahr für die Emission von 115 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich - das waren 6,4 Prozent mehr als im Jahr 2010. Das hatte die Behörde im vergangenen November mitgeteilt.
Bei den Beratungen der Verkehrs-Klimakommission geht es aber nicht nur um CO2-Einsparungen beim Auto - sondern zum Beispiel auch um eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Rad- und Fußverkehrs sowie um eine Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe bei Lastwagen. Es sind daneben Vorschläge enthalten, wie die Schiene gestärkt werden kann, damit mehr Menschen vom Auto umsteigen.
„Seit 1990 kommt der Verkehr beim Klimaschutz nicht vom Fleck“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup. Der Rückstand lasse sich nicht mit Trippelschritten aufholen. Ab 2025 müsse Schluss sein mit neuen klimaschädlichen Verbrennungsmotoren. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer forderte eine am CO2-Ausstoß-orientierte Besteuerung. (dpa)