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Daniel Caspary, Chef der CDU/CSU- Gruppe im EU-Parlament, rechnete in ungewöhnlich drastischen Worten mit Emmanuel Macron ab.
© picture-alliance/ dpa

„Leider auch antideutsch unterwegs“: Scharfe Worte aus der CDU gegen Macron

Daniel Caspary, Chef der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, rechnet mit Emmanuel Macron ab. Er tue alles dafür, „das europäische Parteiensystem zu zerstören“.

Zwischen Berlin und Paris droht ein Zerwürfnis im Streit um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission. Der in Brüssel einflussreiche Chef der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary, rechnete in ungewöhnlich drastischen Worten mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ab: „Ich sehe keine deutsch-französische Achse. Sondern ich sehe einen revisionistischen Herrn Macron, der alles tut, um die europäische Demokratie zu zerstören“, sagte er am Montag in Berlin.

Macron tue alles dafür, „das europäische Parteiensystem zu zerstören“. Der französische Präsident scheine im Moment „leider auch antideutsch unterwegs zu sein“, ergänzte Caspary. „Das ist eine Vorgehensweise, die mit den proeuropäischen Reden von ihm nicht im Ansatz irgendwas zu tun hat.“ Caspary beharrte auf dem Spitzenkandidatenprozess.

Angela Merkel wäre seit zwei Jahren nicht mehr Bundeskanzlerin, wenn bei den gescheiterten Jamaika-Sondierungen der Union mit FDP und Grünen nach der Bundestagswahl 2017 mit der Unions-Spitzenkandidatin so umgegangen worden wäre wie im Moment mit dem CSU-Politiker Manfred Weber in Brüssel, fügte er hinzu: „Jetzt gilt es, Flagge zu zeigen und hart zu bleiben. Und dafür stehen wir im europäischen Parlament.“ Auch CSU-Chef Markus Söder warf Macron eine „klassische europäische Hinterzimmerpolitik des letzten Jahrhunderts“ vor.

Die Unionsparteien haben sich am Montag noch einmal hinter Weber gestellt – wissend, dass seine Chancen in Brüssel sinken. „Wir stehen sowohl zum Spitzenkandidatenprinzip als auch zu unserer Forderung, dass Manfred Weber Kommissionspräsident werden muss“, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak.

Er betonte, dass die konservative Parteienfamilie – die im EU-Parlament als Europäische Volkspartei (EVP) firmiert – die stärkste Fraktion stelle. Keine andere Fraktion habe eine Mehrheit für einen Kandidaten hinter sich versammeln können. Auch der scheidende deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) warb nochmals für Weber, der am Wochenende das Parlament aufrief, die eigene Macht nicht freiwillig abzugeben.

Macron forderte anderes Verfahren

Zur Europawahl galt als vereinbart, dass der Kommissionspräsident vom Parlament aus den Spitzenkandidaten der Parteifamilien gewählt wird – Macron forderte ein anderes Verfahren, da es für keinen der Spitzenkandidaten eine Mehrheit gebe. Die 28 EU-Regierungschefs wollen am 30. Juni auf einem Sondergipfel wieder versuchen, sich auf einen Kandidaten zu einigen. Doch das EU-Parlament muss ihn oder sie dann wählen.

Sven Giegold, Spitzenkandidat der deutschen Grünen bei der Europawahl, kritisierte Caspary: „Ich bin auch verärgert, wie Liberale und Sozialdemokraten die Spitzenkandidaten schwächen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Aber die CDU muss sich an die eigene Nase fassen. Die Bundesregierung hat das deutsch-französische Tandem fast zum Erliegen gebracht. Auf Schärfe mit noch mehr Schärfe zu reagieren, das ist ein schlechter Ratgeber.“ Begriffe wie „antideutsch“ oder „revisionistisch“ müssten alle Politiker tunlichst unterlassen: Konstruktive Zusammenarbeit funktioniere nicht, „wenn man so miteinander spricht“. (mit dpa/rtr)

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