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Der slowenische Regierungschef Janez Jansa am Dienstag im Europaparlament in Straßburg.
© Christian Hartmann/dpa

Sloweniens EU-Vorsitz: Scharfe Kritik an Jansa im EU-Parlament

Sloweniens Regierungschef Jansa stellt in Straßburg das Programm des halbjährigen EU-Vorsitzes vor. Doch den Abgeordneten macht die Rechtsstaatlichkeit Sorge.

Sloweniens Vorsitz in der EU begann gleich mit einem Eklat. Der Vizepräsident der EU-Kommission, der Niederländer Frans Timmermans, weigerte sich am vergangenen Donnerstag, sich in Ljubljana für ein gemeinsames Familienfoto mit dem rechtspopulistischen slowenischen Regierungschef Janez Jansa ablichten zu lassen.

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Als Begründung führte der Sozialdemokrat Timmermans an, dass Jansa kurz zuvor in einem internen Meeting Richter sowie Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament diffamiert habe. Am selben Tag hatte Slowenien die rotierende sechsmonatige EU-Präsidentschaft übernommen.

Angespannte Atmosphäre bei der Sitzung in Straßburg

Die Frage, wie es Jansa mit der Unabhängigkeit der Justiz hält, stand auch bei der Plenumssitzung des EU-Parlaments am Dienstag im Mittelpunkt. Dort stellte Jansa das Programm für den halbjährigen EU-Vorsitz vor. Eigentlich ist das ein Routinetermin. Aber diesmal war die Atmosphäre angespannter als sonst bei vergleichbaren Anlässen. Denn Kritiker befürchten, dass Jansa sein Land auf einen ähnlich autoritären Pfad führen könnte wie Ungarns Regierungschef Viktor Orbán.

So sagte die slowenische Abgeordnete Tanja Fajon von der sozialdemokratischen Fraktion im Plenum: „Eine deutliche Mehrheit der Slowenen unterstützt nicht die Richtung, in die unser Staat drängt.“ Dies gelte sowohl für willkürliche Entscheidungsprozesse bei der Gesetzgebung als auch die zunehmende Anlehnung an den Regierungsstil Orbáns, kritisierte die Abgeordnete.

Jansa weist Vorwürfe zurück

Jansa wies derartige Vorwürfe im EU-Parlament zurück. Zu Beginn seiner Rede erinnerte er an die jüngere Geschichte: Die EU-Mitgliedschaft seines Landes, das vor 30 Jahren die Unabhängigkeit erlangte, sei seinerzeit bei einem Referendum 2003 von einer breiten Mehrheit unterstützt worden. Nach Jansas Worten bedeutete der EU-Beitritt im Jahr 2004 „die Rückkehr zu einer Familie, die Werte achtet, Menschenrechte, grundlegende politische Freiheiten, Demokratie – all das, was uns im kommunistischen Jugoslawien verwehrt war“.

Der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU).
Der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU).
© Harald Tittel/dpa

Trotz solcher Bekenntnisse steht Jansa in der Kritik. Ohne Slowenien beim Namen zu nennen, merkte der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), an, dass  die Frage der Rechtsstaatlichkeit  keine interne Angelegenheit  für die einzelne Mitgliedstaaten sei. Die diplomatische Formulierung hat einen Grund: Wie Weber gehört auch Jansa zur EVP-Parteienfamilie. Ein Austritt aus der EVP, wie ihn Orbán inzwischen vollzogen hat, steht nach den Worten von Jansa indes nicht zur Debatte.

Konkret wurde Weber indes, als er auf die Arbeit der Europäischen Staatsanwaltschaft zu sprechen kam.  Jansa solle mithelfen bei der Arbeit des neuen Gremiums in Luxemburg, das seit Juni Betrugsfälle mit EU-Geldern untersucht, forderte Weber. Doch  Jansa  weigert sich, ihm nicht genehme Ankläger zur Staatsanwaltschaft zu entsenden. Am Dienstag kündigte er nun   mit Blick auf die Benennung der fehlenden Staatsanwälte an: „Was die Regierung betrifft, können wir diesen Prozess bis Herbst abschließen.“

Es hakt bei der Europäischen Staatsanwaltschaft

Jansa fügte jedoch auch hinzu, dass es bei der endgültigen Ernennung der Ankläger aus Ljubljana auch auf das Kollegium der Europäischen Staatsanwaltschaft in Luxemburg ankomme. Mit anderen Worten: Falls das Gremium in Luxemburg Zweifel an der Unabhängigkeit der benannten slowenischen Staatsanwälte und damit an den künftigen Ermittlungen zu EU-Subventionsbetrug vor Ort haben sollte, könnte sich der Streit um die bislang unbesetzten Posten noch weiter hinziehen.

Staatliche Finanzierung für Nachrichtenagentur wird blockiert

Zudem gibt es Befürchtungen, dass es unter Jansa, der inzwischen zum dritten Mal den Posten des Regierungschefs übernommen hat, zu einer Einschränkung der Medienfreiheit kommt. Die Regierung blockiert die staatliche Finanzierung der Nachrichtenagentur STA. Der Co-Vorsitzende der Linksfraktion im EU-Parlament, Martin Schirdewan, bezeichnete dies als „Skandal“. „Die Unabhängigkeit der Medien und die Pressefreiheit  sind in einer Demokratie unverzichtbar“, erklärte er weiter.

Jansa  bemühte sich in Straßburg derweil, den Fokus auf die Prioritäten des EU-Vorsitzes seines Landes zu legen. Dazu gehört die Region des westlichen Balkans, dessen Länder vor allem nach dem Willen der EU-Kommission mittel- und langfristig zu Mitgliedern der Gemeinschaft werden sollen. Jansa plant am 6. Oktober einen EU-Sondergipfel zum Westbalkan und setzt darauf, dass dann der Beitrittsprozess mit Albanien und Nordmazedonien vorankommt. Den beiden Ländern hat die EU zwar im Prinzip Beitrittsverhandlungen zugesagt. Wegen einer Blockade Bulgariens gibt es aber immer noch kein Datum für den Start der Gespräche.

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