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„Sarkoleaks“ – diesen Namen trägt die Affäre um den ehemaligen Präsidenten Sarkozy in den französischen Medien.
© AFP

Frankreich: Sarkozy-Mitarbeiter schnitt interne Beratungen mit

Patrick Buisson, ein früherer Vertrauter von Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, ließ im Elysée-Palast heimlich ein Tonband mitlaufen.

Gut zwei Wochen vor den Kommunalwahlen, von denen sich Frankreichs Konservative einen Triumph über Präsident François Hollandes geschwächte Sozialisten erhoffen, wird ihre Partei UMP von einer neuen Affäre eingeholt. Am Mittwoch veröffentlichten die satirische Wochenzeitung „Le canard enchainé“ und die Webseite Atlantico Auszüge aus Tonbandmitschnitten interner Beratungen, die Patrick Buisson, ein früherer Vertrauter von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, heimlich im Elysée-Palast gemacht hatte. Insgesamt soll es sich um Tonaufzeichnungen von „Hunderten von Stunden“ handeln, von denen bisher nur kurze Textauszüge in Schrift und Ton vorliegen. Der frühere konservative Premierminister Jean-Pierre Raffarin sagte, derartige Methoden könnten einen „vom Stuhl hauen“. Raffarin verlangte ein juristisches Nachspiel.

Vor dem Skandal, der von den Medien bereits als „Sarkoleaks“ bezeichnet wird, war die UMP bereits durch schwere Vorwürfe der Zeitschrift „Le Point“ in Bedrängnis geraten. Vergangene Woche berichtete die Zeitschrift, dass UMP-Chef Jean-François Copé bei der Vergabe von PR-Aufträgen ein Unternehmen bevorzugt habe, dessen Inhaber mit ihm persönlich befreundet sind und der UMP überteuerte Rechnungen ausgestellt haben sollen. Auch Sarkozys früherer Berater Buisson steht im Verdacht, Aufträge zur Meinungsforschung bestimmten Instituten zugeschanzt zu haben.

Mehr als solche Durchstechereien beschäftigt jetzt die Affäre um die Tonbandmitschnitte des Sarkozy-Beraters die Öffentlichkeit. Bei dem vom „Canard“ veröffentlichten Auszug geht es um eine Besprechung am 27. Februar 2011, zu der Sarkozy seine engsten Mitarbeiter versammelt hatte. Unter ihnen war auch Buisson, der ein eingeschaltetes Diktiergerät in der Tasche trug. Dabei ging es um eine Ansprache, die der Präsident am Abend zur Bekanntgabe einer Regierungsumbildung im Fernsehen halten wollte. Von den Ratgebern, die er um ihre Meinung bat, erhielt Sarkozy nur Zustimmung. Durch besondere Speichelleckerei tat sich Buisson hervor. Die Rede des Präsidenten lobte er wiederholt als „sehr gut“. Über den damaligen Innenminister Brice Hortefeux und die Außenministerin Michèle Alliot-Marie, die ihre Posten räumen mussten, fielen wenig freundliche Worte.

Patrick Buisson, ein früherer Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift „minute“, hatte Sarkozy dazu gedrängt, mit Parolen der Nationalen Front deren Wählerschaft anzulocken. Die Existenz der Mitschnitte stellte er zunächst in Abrede, erkennt jetzt aber ihre Authentizität an. Er habe sie für eine Dokumentation über Sarkozys Amtszeit gebraucht, sagte sein Anwalt. Sarkozy soll getobt haben, als er von den Mitschnitten hörte. Der Ex-Präsident will aber nach Mitteilung eines Vertrauten von juristischen Schritten absehen.

Hans-Hagen Bremer

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