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Ali B., der Tatverdächtige im Todesfall Susanna, in Wiesbaden
© dpa/Hasan Bratic

Mord an Susanna F.: Sagt Ali B. die ganze Wahrheit?

Es sind noch viele Fragen offen: Ermittler prüfen die Aussagen des mutmaßlichen Mörders von Susanna. Zu seiner Rückkehr nach Deutschland gibt es neue Details.

Bei der Aufklärung des gewaltsamen Todes der 14-jährigen Susanna gleichen die Ermittler nun Aussagen des Tatverdächtigen Ali B. und von weiteren Zeugen ab. Man arbeite auf Hochtouren an der Auswertung der umfangreichen Angaben des inhaftierten 20-Jährigen und von Ergebnissen der Rechtsmedizin. Das sagte am Montag die Sprecherin der Wiesbadener Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwältin Christina Gräf. Der Haftbefehl gegen Ali B., der zuvor in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden gelebt hatte, lautet auf dringenden Verdachts des Mordes und der Vergewaltigung.

Der Iraker hatte in einer fast sechsstündigen Vernehmung vor dem Wiesbadener Amtsgericht gestanden, das aus Mainz stammende Mädchen umgebracht zu haben. Er sitzt in Frankfurt/Main in Untersuchungshaft.

Das vollständige Ergebnis der DNA-Analyse zu Susanna liege noch nicht vor, erklärte die Oberstaatsanwältin. Daher könne sie noch keine Angaben zu den widersprüchlichen Aussagen über die mutmaßliche Vergewaltigung des Opfers machen. Ali B. hatte diesen Vorwurf der Ermittlungsbehörden in seiner Vernehmung bestritten.

Keine neuen Erkenntnisse zum zweiten Tatverdächtigen

Als Tatmotiv gab der junge Mann laut Staatsanwaltschaft an, „dass er aufgrund von Verletzungen im Gesicht von Susanna, die infolge eines Sturzes entstanden sein sollen, befürchtet habe, dass diese die Polizei informieren werde“. Laut Ermittlern kannte Susanna den Bruder von Ali B. und habe sich eine Beziehung mit ihm vorstellen können. Daher habe sie sich in der Flüchtlingsunterkunft öfter aufgehalten und auch den Tatverdächtigen gekannt.

Neue Erkenntnisse zu dem zeitweise zweiten Tatverdächtigen, einem 35 Jahre alten Türken, habe es durch die Vernehmung von Ali B. nicht gegeben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Der Mann werde aber immer noch als Beschuldigter geführt. Die Untersuchungen gegen ihn seien noch nicht abgeschlossen.

Die Ermittlungen konzentrierten sich auch darauf, an Papier des Irakers heranzukommen, sagte Gräf. Ali B. war ohne Dokumente vermutlich im Oktober 2015 mit dem damals großen Flüchtlingsandrang über die Türkei und Griechenland nach Deutschland eingereist. Auch sein Alter müsse überprüft werden. Die Hinweise auf den mutmaßlichen Täter waren von einem 13-Jährigen gekommen, der ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft lebte. Dieser habe bei der Polizei ausgesagt, die Informationen über die Tat direkt von Ali B. erhalten zu haben.

Bundesinnenministerium betont, dass Ali B. nicht ausgeliefert wurde

Wann dem 20-Jährigen der Prozess gemacht werden kann, ist nach Angaben der Oberstaatsanwältin noch offen. Da es sich um eine Haftsache handele, werde beschleunigt ermittelt. Ein Datum für den Start eines Verfahrens sei aber noch nicht absehbar.

Der Chef der Bundespolizei, Dieter Romann, war persönlich in den von Kurden regierten autonomen Nordirak geflogen, um den Verdächtigen abzuholen. Der Tatverdächtige im Mordfall Susanna F. sei nicht auf Grundlage eines Auslieferungsersuchens zurück nach Deutschland geholt worden, sondern formell abgeschoben worden, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin betonte. Der Einsatz sei „komplett“ von der Bundespolizei ausgeführt worden. Romann sei nicht auf Geheiß des Innenministers nach Erbil geflogen. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, man sei erleichtert darüber, dass der Tatverdächtige nun in Deutschland den zuständigen Behörden vorgeführt werde.

Hessens Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) betonte derweil, nun müsse der Staat der Bevölkerung zeigen, dass er handlungsfähig sei und die Sicherheit gewährleisten könne. Jetzt sei „die Stunde der Ermittler“. Auch müsse die Frage beantwortet werden, ob man die Entwicklung hätte früher erkennen können. Auch der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt, Roman Poseck, sprach von „einer Bewährungsprobe für den Rechtsstaat“. (dpa)

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