Vorwurf der britischen Cyberabwehr: Russland soll hinter Hackerangriff auf Bundestag stecken
Angriffe auf Datennetze im Westen ordnen Experten schon länger Moskau zu. Die britische Cyberabwehr erhebt nun Vorwürfe. Auch die USA und Kanada melden sich.
Hinter den Hackerangriffen auf den Deutschen Bundestag und das Datennetzwerk des Bundes steckt nach Erkenntnissen der britischen Cyberabwehr der russische Militärgeheimdienst GRU. Einer am Donnerstag veröffentlichten Liste des National Cyber Security Centre zufolge steht der GRU in Verbindung mit der Hackergruppe "APT 28", die für die Attacken in Deutschland verantwortlich gemacht wird. Experten gingen bereits davon aus, die offizielle Anschuldigung aus London untermauert den Verdacht.
Bei dem Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015 hatten sich Angreifer so weitreichenden Zugang verschafft, dass die Bundestags-IT ausgetauscht werden musste. Bei dem im Februar bekannt gewordenen Angriff auf das sensible Datennetzwerk des Bundes und der Sicherheitsbehörden hatten Cyberspione unter anderem erfolgreich das deutsche Außen- und das Verteidigungsministerium attackiert. Dabei sollen sie Daten erbeutet haben.
Liste mit zwölf Hackergruppen veröffentlicht
Großbritannien veröffentlichte eine Liste von zwölf Hackergruppen, hinter denen der GRU stecke, und warf Russland damit vor, für eine weltweite Serie von Cyberangriffen verantwortlich zu sein. Das britische National Cyber Security Center hat nach eigenen Angaben herausgefunden, dass der russische Geheimdienst GRU "so gut wie sicher" für Attacken gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und die US-Präsidentschaftswahlen 2016 verantwortlich ist. Zudem schreibt es dem GRU auch Angriffe zu, die unter anderem einen Flughafen in der Ukraine sowie eine TV-Station in Großbritannien trafen.
Nach Ansicht von Großbritanniens Außenminister Jeremy Hunt zeigen die Angriffe, dass Russland agiere, ohne das Völkerrecht zu beachten. Verteidigungsminister Gavin Williamson sagte Brüssel: "So handelt keine Großmacht, das sind Handlungen eines Pariastaates." Gemeinsam mit Verbündeten werde man weiter daran arbeiten, Russland zu isolieren
Briten vermuten auch hinter Fall Skripal GRU-Agenten
Williamson verwies darauf, dass Großbritannien und etliche Verbündete bereits nach dem Nervengift-Anschlag auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter etliche russische Diplomaten ausgewiesen hatten. Begründet wurden die Sanktionen damals mit Hinweisen auf eine Verwicklung Russlands in den Anschlag. Bei der Tat wurde der in der früheren Sowjetunion entwickelte Kampfstoff Nowitschok verwendet. Britische Ermittler vermuten zwei GRU-Agenten dahinter.
Moskau weist jegliche Verantwortung für den Anschlag zurück. Auch mit Blick auf die Cyberangriffe betonte das russische Außenministerium, London habe keine echten Beweise für die Anschuldigungen präsentiert. Die Fantasie der britischen Behörden kenne keine Grenzen mehr. "Hier wird einfach alles vermischt: GRU, Cyperspione und Kremlhacker. Das ist einfach eine Parfümmischung aus der Hölle", sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa in Moskau.
Der Satz war eine Anspielung auf die Angaben britischer Ermittler, wonach das Nowitschok-Gift in einer Parfümprobe transportiert worden sei. Eine Britin war gestorben, nachdem sie sich mit dem im Müll gefundenen vermeintlichen Parfüm eingesprüht hatte.
Nato fordert Moskau auf, Cyberattacken zu stoppen
Nach den Vorwürfen aus Großbritannien und den Niederlanden zu russischen Cyberattacken hat die Nato sich hinter die beiden Alliierten gestellt. Die Nato-Verbündeten unterstützten das Vorgehen, "Russland wegen seiner unverhohlenen Versuche, internationales Recht und Institutionen zu untergraben", bloßzustellen, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag beim Treffen der Verteidigungsminister der Militärallianz in Brüssel. Russland müsse "sein rücksichtsloses Verhalten stoppen".
Zu diesem Verhalten gehöre auch "die Anwendung von Gewalt gegenüber Nachbarn, versuchte Einmischung in Wahlprozesse und weit verbreitete Desinformationskampagnen", erklärte Stoltenberg. Als Antwort werde die Nato ihre Verteidigung und Abschreckung weiter stärken. Demnach diskutierten die Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag, wie Cyber-Fähigkeiten in Einsätze und Operationen der Militärallianz integriert werden sollen und die Widerstandsfähigkeit gegen solche Angriffe erhöht werden könne
USA klagen sieben russische Agenten an
Auch die USA werfen Russland schwerwiegende Cyberattacken vor. Das US-Justizministerium verkündete am Donnerstag in Washington eine Anklage gegen sieben Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, sie hätten Informationen internationaler Anti-Doping-Behörden gehackt, vertrauliche Daten gestohlen und diese als Teil einer Desinformationskampagne veröffentlicht - um das Vorgehen der Behörden gegen russische Athleten wegen Doping-Vorwürfen zu unterlaufen.
US-Justizminister Jeff Sessions erklärte, staatlich gesteuerte Hacker-Aktionen und Desinformationskampagnen seien eine ernste Bedrohung für die US-Gesellschaft und die Sicherheit des Landes. Dagegen gehe man entschieden vor.
Kanada: Hackerangriff auf Welt-Antidopingagentur
In Kanada sollen die kanadische Behörde für Ethik im Sport und die in Montréal ansässige Welt-Antidopingagentur (Wada) zu den Zielen russischer Cyberattacken gehört haben, erklärte das Außenministerium in Ottawa am Donnerstag. Die kanadische Regierung sei überzeugt, dass der russische Militärgeheimdienst GRU für die Attacken verantwortlich sei.
Die Cyberangriffe gehörten zu einem "größeren Muster von Aktivitäten der russischen Regierung, die weit außerhalb der Grenzen von angemessenem Verhalten liegen, Missachtung für internationale Gesetze zeigen und die auf Regeln basierende internationale Ordnung untergraben", erklärte das Außenministerium. (dpa, AFP)
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