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Ein Graffiti-Künstler hatte im Mai den Fünf-Sterne-Politiker Di Maio (links) und den Lega-Vorsitzenden Salvini verewigt.
© AFP

Etatpläne der italienischen Regierung: Rom löst Unruhe an Anleihemärkten aus

Italiens Regierung will die Schulden kräftig erhöhen - bei den italienischen Staatsanleihen kommt es zu einem Kurssturz.

Der Plan der italienischen Regierung, die Neuverschuldung im kommenden Haushaltsjahr kräftig in die Höhe zu treiben, hat eine heftige Reaktion an den Anleihemärkten ausgelöst. Bei den italienischen Staatsanleihen gab es am Freitag einen deutlichen Kurssturz. Die Rendite für zehnjährige Anleihen stieg erstmals seit Beginn des Monats wieder über drei Prozent – um 0,22 Prozentpunkte auf 3,10 Prozent. Zuvor hatten sich die Parteien der Populisten-Regierung in Rom am Donnerstagabend auf einen Haushaltsplan verständigt, der eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) vorsieht. Auch in den beiden Folgejahren soll die Neuverschuldung dem Plan zufolge bei 2,4 Prozent liegen

Salvini und Di Maio sprechen von "Haushalt des Wandels"

Damit setzten sich die Vize-Ministerpräsidenten Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung und Matteo Salvini von der Lega-Partei gegen den parteilosen Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria durch. „Wir sind zufrieden, es ist ein Haushalt des Wandels“, erklärten Salvini und Di Maio. Tria, der bei Beobachtern eher als ein Garant der Stabilität gilt, hatte für das kommende Jahr ein Budget mit einer Neuverschuldung von 1,6 Prozent vorgesehen.

Eine Neuverschuldung in dieser Größenordnung hätte sichergestellt, dass der Staatshaushalt in Italien halbwegs im Lot bleibt. So aber löste der Haushaltsplan nicht nur eine Reaktion an den Märkten, sondern auch deutliche Kritik bei der EU-Kommission aus. „Es ist ein Budget, das außerhalb der Grenzen unserer gemeinsamen Regeln zu sein scheint“, sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici am Freitag.

Die geplante Neuverschuldung liegt immer noch unter der Marke von drei Prozent, die nach den Euro-Defizitregeln nicht überschritten werden darf. Dennoch sind die Märkte beunruhigt, seit die Regierung der Lega-Partei und der Fünf-Sterne-Bewegung im vergangenen Juni die Amtsgeschäfte in Rom aufgenommen hat. Salvini hatte im August erklärt, dass die Drei-Prozent-Regel „nicht die Bibel“ sei.

Bei der Vorlage des Haushaltsplans für 2019 war es in erster Linie der Fünf-Sterne-Vorsitzende Di Maio gewesen, der die geplante Neuverschuldung deutlich nach oben trieb. Die Fünf-Sterne-Bewegung hatte im Wahlkampf ein so genanntes Bürgereinkommen versprochen. Demnach sollen künftig alle Arbeits- und Mittellosen in Italien 780 Euro pro Monat erhalten. Eine vollständige Umsetzung dieses Wahlversprechens würde dazu führen, dass Italiens Haushalt komplett aus dem Ruder läuft. Im Haushaltsentwurf ist nun die Summe von zehn Milliarden Euro für das Bürgereinkommen vorgesehen.

Fünf Sterne hatten Bürgereinkommen von 780 Euro versprochen

Aber nicht nicht nur Di Maio, sondern auch Salvini zeigte sich in den Beratungen über das neue Budget spendierfreudig. Salvinis Lega-Partei sieht Steuererleichterungen vor allem für die Bezieher mittlerer und höherer Einkommen vor, was ein Loch in die Haushaltskasse reißt. Dies gilt für ein weiteres Wahlkampfversprechen der Lega-Partei und der Fünf-Sterne-Bewegung: Die geplante Rücknahme der Rentenreform, welche die damalige Technokratenregierung unter dem Wirtschaftswissenschaftler Mario Monti zu Beginn des Jahrzehnts ins Werk gesetzt hatte, würde ebenfalls Milliarden verschlingen.

Mit der Vorlage des Haushaltsplans will die Regierung in Rom auch testen, wie die Anleihemärkte reagieren. Ein massiver Anstieg der Anleihezinsen könnte theoretisch dazu führen, dass Italien Probleme mit der Neufinanzierung am Kapitalmarkt bekommt. Italien hat damit bereits leidvolle Erfahrungen gesammelt: Der damalige Premierminister Silvio Berlusconi musste im November 2011 zurücktreten, weil die Anleihezinsen angesichts der steigenden Verschuldung sprunghaft angestiegen waren.

Haushaltsentwurf muss bis Mitte Oktober in Brüssel eingehen

Bis Mitte Oktober muss die Regierung in Rom ihren endgültigen Entwurf für den Etat bei der EU-Kommission einreichen. Die Brüsseler Behörde hat wiederholt vor einer Explosion der Schulden des EU-Gründerstaates gewarnt. Italiens Gesamtverschuldung liegt gegenwärtig bei 131 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nur Griechenland weist innerhalb der Euro-Zone einen höheren Schuldenstand auf.

Albrecht Meier

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