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Streik. Bahnreisende warten auf dem Pariser Bahnhof Saint-Lazare am Donnerstag auf den Zug.
© REUTERS

Frankreich: Reformen werden zur Kraftprobe für Präsident Macron

Während Frankreichs Präsident am EU-Gipfel teilnimmt, steht ihm daheim das erste große Kräftemessen mit den Gewerkschaften bevor. Doch Macron zieht seine Reformen bislang unbeirrt durch.

Es ist zehn Monate her, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach seinem rauschenden Wahlsieg in Frankreich den Antrittsbesuch bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin machte. Damals sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel im Kanzleramt, dass seine wichtigste Aufgabe in den Reformen bestehe, die in Frankreich anstehen. „Nicht weil die EU das fordert, sondern weil Frankreich das braucht“, erklärte Macron seinerzeit seinen Willen zur Erneuerung. Die Überlegung des Präsidenten lautet folgendermaßen: Wenn sich Frankreich, das lange Zeit als unreformierbar galt, neu erfindet, dann kann er auf EU-Ebene als neue Führungsfigur auftreten. Heute beginnt der nächste EU-Gipfel in Brüssel – Zeit für eine erste innenpolitische Zwischenbilanz bei Macrons Reformwerk:

Arbeitsrecht:

Die erste große Reform während der fünfjährigen Amtszeit Macrons trat im vergangenen September in Kraft: Die Erneuerung des „code du travail“, des Arbeitsrechts. Auf dem Verordnungswege hatte Macron durchgesetzt, dass betriebsbedingte Kündigungen erleichtert werden. Die Reform gibt zudem Absprachen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Betriebsebene größeres Gewicht im Verhältnis zu Branchenvereinbarungen.

Bahnreform:

Teilweise auf dem Verordnungswege will Macron die Reform der defizitären Staatsbahn SNCF durchbringen. Die Schulden der SNCF betragen rund 50 Milliarden Euro. Der Präsident möchte unter anderem Privilegien wie die Gewährung von Vorzugsrenten bei der Neueinstellung von Eisenbahnern kippen. Das französische Schienennetz soll für Konkurrenz aus dem EU-Ausland geöffnet werden. Die Nationalversammlung will sich im April, der Senat im Mai mit der Reform befassen. Am Donnerstag rief ein Teil der Gewerkschaften im Protest gegen die Bahnreform zum Streik auf. Nach ersten Angaben der Staatsbahn SNCF vom Donnerstag wird der Streik heute dazu führen, dass nur 40 Prozent der TGV-Hochgeschwindigkeitszüge verfügbar sein werden. Beim Zugverkehr im Großraum Paris wurde ebenfalls mit erheblichen Einschränkungen gerechnet.. Die eigentliche Kraftprobe beginnt aber nach Ostern: Ab dem 3. April wollen die Gewerkschaften zu einer Zermürbungstaktik greifen. Bis Ende Juni soll an jeweils zwei von fünf Tagen zum Bahnstreik aufgerufen werden. Wie stark die Beeinträchtigung im Bahnverkehr ausfällt, wird von der Mobilisierung der Gewerkschaften abhängen.

Arbeitslosenversicherung:

Am vergangenen Montag enthüllte die Regierung von Edouard Philippe ihre Pläne zur Erneuerung der Arbeitslosenversicherung. Künftig müssen Jobsuchende mit einer stärkeren Kürzung ihrer Bezüge rechnen, wenn sie sich nicht ausreichend um eine neue Stelle bemühen.

Ausbildung:

Zu Beginn des Monats stellte die Arbeitsministerin Muriel Pénicaud ihre Pläne zur Reform des Ausbildungssystem vor. Unter anderem ist vorgesehen, dass Ungelernte ein Guthabenkonto zur Weiterbildung erhalten. Bis 2022 sollen in Frankreich eine Million Arbeitslose ausgebildet werden.

Verfassungsreform:

Im Juli des vergangenen Jahres hatte Macron bei einer Rede in Versailles unter anderem angekündigt, dass die Zahl der Volksvertreter in der Nationalversammlung (derzeit 577) um ein Drittel verringert werden soll. Ende April will die Regierung das Vorhaben im Detail vorstellen.

Renten:

Die schwierigste Reform seiner Amtszeit steht Macron erst noch bevor. Auch bei der geplanten Rentenreform möchte der Präsident – ähnlich wie bei der SNCF – Privilegien einzelner Berufsgruppen zurückschneiden. Bis zum Sommer 2019 will Frankreichs Präsident dies anpacken.

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