Hauptstadtlage: Rätselraten um Merkels Zukunft
Die Spekulationen um einen Abschied der Kanzlerin nehmen zu. Außerdem im Nachrichtenüberblick: Die Frage CO2-Steuer wird immer hitziger diskutiert.
In genau einem Monat ist Angela Merkel in Harvard angekündigt. Sie ist eingeladen, am 30. Mai an der US-Eliteuni die Rede für die Abschlussabsolventen zu halten, die Commencement Speech. Nun wird schon spekuliert, ob das ihre große Abschiedsrede werden könnte. Im Konrad-Adenauer-Haus warnt man aber davor, zu viel in die kurzfristig anberaumte Klausur der CDU-Spitze um Annegret Kramp-Karrenbauer am 2./3. Juni hinein zu geheimnissen.
Doch wer sich umhört, hört Rätselraten. Denn wenn die Europawahl am 26. Mai schlecht ausgeht, könnte es bei Union und SPD (der droht auch der Machtverlust in Bremen am gleichen Tag) eine schwer zu kontrollierende Dynamik geben.
Doch schon rein verfassungsrechtlich ist ein fliegender Kanzler(innen)wechsel nicht trivial – und die SPD hat gesagt: AKK wird nicht gewählt. Dann könnte es schneller Neuwahlen geben, als gedacht. Wobei die Koalition zuletzt eigentlich Tritt gefasst hat.
15 Milliarden Euro
Außer Tritt geraten dagegen die Steuereinnahmen des Bundes. Und das macht die Situation für die Koalition zusätzlich heikel. Die 155. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung vom 7. Mai bis 9. Mai in Kiel wird erstmals seit Jahren wohl bittere Ergebnisse bringen. Von je nach Schätzung bis zu 15 Milliarden Euro weniger im Vergleich zur letzten Schätzung ist die Rede. Pro Jahr.
Das dürfte Verteilungskonflikte auslösen – und könnte eine abgespeckte Grundrente und ein Nein zur Mehrwertsteuersenkung für Bahntickets bedeuten, mit der Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Klimaschutz voranbringen will. Mal sehen, ob es beim geplanten Soli-Aus zumindest für 90 Prozent der bisherigen Zahler bleibt. Und wenn die Konjunktur weiter schwächelt, fehlt auch Geld in der Kasse, um Unternehmen mit steuerlichen Entlastungen unter die Arme zu greifen.
Hitzige Diskussion um CO2-Steuer
Die Party ist sozusagen vorbei, viel Geld zum Verprassen hat die Koalition nicht mehr. Nun wird die Frage CO2-Steuer ja oder nein, immer hitziger diskutiert – viele Bürger fürchten, dass sie am Ende über höhere Spritpreise und Mieten (wenn Besitzer schlecht gedämmter Wohnungen CO2-Abgaben zahlen sollten) zur Kasse gebeten und die CO2-Steuer Löcher stopfen soll. Aber die Union betont: Keine Steuererhöhungen.
Doch ein Weiter so, geht auch nicht. Johan Rockström (53), Co-Chef des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, hat ausgerechnet, dass für ein Steak bis zu 70 Liter Öl verbraucht werden, „weil für die Rinderhaltung Regenwälder abgeholzt werden, um Tierfutter wie Soja anzubauen. Hinzu kommen Dünger, der Einsatz von Treckern, Pflügen, Lastern oder Fliegern für den Transport und Plastik für die Verpackung.“
Sein Tipp für die tägliche klimafreundliche Ernährung: 50 Gramm Nüsse, 75 Gramm Hülsenfrüchte, 28 Gramm Fisch, 14 Gramm rotes Fleisch, 29 Gramm Hühnchen, 250 Gramm Milchprodukte, 232 Gramm Getreide und 500 Gramm Obst und Gemüse.
Vorgezogene Kabinettssitzung
Angela Merkel und ihrem Kabinett ist nicht vorzuwerfen, dass sie viel Zeit in Spekulationen über die Zukunft der Koalition verschwenden. Wegen des Tags der Arbeit wurde die Kabinettssitzung auf heute vorgezogen.
Ein Blick in die vertrauliche Tagesordnung der, ein kleines Jubiläum, 50. Kabinettssitzung: Satte 14 Punkte umfasst die Vorlage, es wird kräftig regiert. Vom „Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes“ über eine Reform der Psychotherapeutenausbildung und eine Tourismusstrategie bis zur „Fünfundzwanzigsten Verordnung zur Anpassung des Bemessungsbetrages und von Geldleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz“.
Als letzter Punkt steht auf der Tagesordnung der „Entwurf einer Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der AfD „de facto- Besteuerung und Entwertung von Bargeld“.
Die Hauptstadtlage des Teams aus dem Hauptstadtbüro ist Teil der Tagesspiegel-Morgenlage, dem Nachrichtenüberblick für Politik-Entscheider. Kostenfrei anmelden kann man sich hier.
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