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Soldaten in Mali lassen sich am Unabhängigkeitsplatz in Bamako feiern.
© AFP/MALIK KONAT
Update

Rebellen nehmen Präsident Keita gefangen: Putschisten in Mali versprechen Neuwahlen

Malis umstrittener Präsident wurde in Gewahrsam genommen – die Putschisten versprechen Neuwahlen. Die Bundeswehr verschärft ihre Sicherheitsmaßnahmen.

Die Anführer des Militärputsches in Mali haben versprochen, nach einer "politischen Übergangsphase" Neuwahlen abzuhalten. "Wir, die patriotischen Kräfte des Nationalen Komitees zum Wohl des Volkes, haben entschieden, unsere Verantwortung vor dem Volk und der Geschichte zu übernehmen", sagte Ismael Wagué, der stellvertretende Stabschef der Luftwaffe, im Staatsfernsehen. Stunden zuvor hatte Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keita seinen Rücktritt erklärt.

Neuwahlen würden "in angemessener Zeit" stattfinden, sagte Wagué, der überdies versprach, dass bestehende internationale Verträge eingehalten würden.

Am Dienstagmorgen hatten malische Soldaten laut Augenzeugen auf einem nahe der Hauptstadt Bamako gelegenen Militärstützpunkt Schüsse in die Luft abgefeuert. Anschließend fuhren sie im Konvoi nach Bamako, wo sie von einer jubelnden Menge empfangen wurden. Stunden später wurden Keita und Regierungschef Boubou Cissé festgesetzt. In der Nacht verkündete Keita schließlich die Auflösung von Regierung und Parlament.

Seit Juni waren Zehntausende Menschen in Bamako gegen den Präsidenten auf die Straße gegangen. Sie werfen ihm Korruption vor und beklagen eine Verschlechterung der Sicherheitslage. Als erste Gerüchte von der Festnahme Keitas die Runde machten, feierten Oppositionelle im Zentrum von Bamako und forderten den Rücktritt des Präsidenten.

Keita stand zuletzt vor allem deshalb massiv unter Druck, weil es ihm nicht gelungen war, einen seit 2012 andauernden dschihadistischen Aufstand im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen. Verschleppte politische Reformen, eine schwächelnde Wirtschaft und Korruptionsvorwürfe hatten die Stimmung gegenüber Keita weiter verschlechtert. Die Oppositionsbewegung M5-RFP forderte den Rücktritt des 75-jährigen Präsidenten und organisierte immer wieder Massenproteste gegen ihn.

Die Sorge vor einer weiteren Destabilisierung der Region ist groß

Die Opposition, die hinter den Massenprotesten steht, erklärte, die Festnahme des nach seinen Initialen IBK genannten Präsidenten sei kein Militärputsch, sondern ein Volksaufstand. "IBK wollte nicht auf sein Volk hören", sagte ein Sprecher des Oppositionsbündnisses M5-RFP. Auf Änderungsvorschläge habe der Präsident mit "Tötungen" reagiert.

Am Dienstag wurden nach Angaben der Afrikanischen Union (AU) auch Ministerpräsident Boubou Cisse und andere Regierungsmitglieder festgesetzt. Die AU verlange die sofortige Freilassung der Politiker und verurteilte das Vorgehen der Soldaten scharf, erklärte die AU auf Twitter. Ähnlich äußerte sich auch Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian.

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Es wurde befürchtet, dass ein Sturz des malischen Präsidenten die ganze Sahel-Region Westafrikas weiter destabilisieren könnte. In der ehemaligen französischen Kolonie sind auch Bundeswehr-Einheiten stationiert. Sie unterstützen mit bis zu 1100 Kräften einen UN-Blauhelm-Einsatz.

2012 hatte eine Meuterei in demselben Militärstützpunkt wie am Dienstag zu einem Putsch geführt, bei dem der damalige Präsident Amadou Toumani Toure gestürzt wurde. Der Staatsstreich war auch mitverantwortlich dafür, dass der Norden Malis an radikale Islamisten fiel.

Bundeswehrsoldaten verlassen das Feldlager nicht mehr

Die Bundeswehr verschärft unterdessen die Sicherheitsmaßnahmen für die in dem Land eingesetzten Soldaten. „Sie verlassen nicht mehr das Feldlager“, sagte eine Sprecherin des Einsatzführungskommandos in Geltow bei Potsdam am Mittwoch.

In dem Land sind deutsche Soldaten als Teil der UN-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali an mehreren Standorten im Einsatz. Ihre Lager sind nach Angaben des Einsatzführungskommandos zunächst nicht unmittelbar von der Meuterei der einheimischen Streitkräfte betroffen gewesen.

Minusma soll den Friedensprozess in Mali unterstützen, nachdem der Norden des Landes im Jahr 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen geraten war, bevor Frankreich militärisch eingriff. Die UN-Mission gilt als der gefährlichste derzeit laufende Auftrag der Bundeswehr. (AFP/Reuters/dpa)

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