Treffen mit Merkel in Sotschi: Putin will Europa für Assads Syrien zahlen lassen
Europa ist für Putin in der Syrienfrage nur der Zahlmeister. Und die Enteignung von Wohneigentum durch das Assad-Regime findet er auch nicht schlimm. Ein Kommentar.
Angela Merkel soll erst kurz vor ihrer Ankunft in Sotschi erfahren haben, wen ihr Gastgeber Wladimir Putin am Abend zuvor zum Gespräch empfangen hatte: Baschar al Assad. Der russische und der syrische Präsident verbreiteten nach ihrem Treffen die Botschaft, der „militärische Erfolg“ in Syrien erlaube nun den Übergang zu einem „politischen Prozess“. Dieser Prozess werde zum Abzug ausländischer Truppen und zum Wiederaufbau des Landes führen. Gemeint ist damit, dass Assad im Amt bleiben kann und uneingeschränkte Kontrolle ausübt, während andere Kräfte den Wiederaufbau des Landes bezahlen, das vor allem die Truppen Assads und die seiner Verbündeten in Grund und Boden gebombt haben.
Es bleibt schwer vorstellbar, wie unter solchen Vorzeichen eine konstruktive Rolle Russlands aussehen könnte, die von deutschen Außenpolitikern als Voraussetzung für eine politische Lösung des Syrienkonflikts beschworen wird. Vor der Presse zeigte Putin nach dem Gespräch mit der Kanzlerin jedenfalls keine Bereitschaft zu einer Strategie, die statt auf Assad auf eine Versöhnung aller Konfliktparteien in der Region setzt. Man müsse den Prozess „depolitisieren“, forderte er, also die alten Machtverhältnisse wieder herstellen. Auch hat er klare Vorstellungen, wer die Reparatur der Infrastruktur finanzieren soll: Wenn Europa wolle, dass die Flüchtlinge zurückkehrten, müsse es Syrien helfen.
Für Putin gibt es genug befreite Gebiete in Syrien
Merkel hatte den Gastgeber aufgefordert, das Vorhaben des syrischen Regimes zu verhindern, wonach Wohneigentum enteignet wird, dessen Besitzer sich nicht bis zu einem Stichtag melden – ein unmenschlicher Akt zur Entrechtung von Flüchtlingen. Damit macht Assad aus vielen temporären Flüchtlingen in Deutschland dauerhafte Flüchtlinge. Sie können nicht zurückkehren. Putin sieht darin kein Problem. Die Menschen strömten doch in alle Regionen des Landes zurück, die von Militär befreit worden seien, meinte er.
Ein Entgegenkommen der russischen Seite war auch bei den anderen Themen des Treffens nicht erkennbar – nicht bei der Gaspipeline North Stream 2, nicht im Ukraine-Konflikt und nicht beim Atomabkommen mit dem Iran. Was die Ukraine angeht, machte Merkel klar: Ein neues Spitzentreffen im Normandie-Format hält sie nur für sinnvoll, wenn Fortschritte winken. Es sieht so aus, als müsse sie darauf weiter warten.
Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.