Atomstreit mit Nordkorea: Putin warnt vor "militärischer Hysterie"
Der Westen will im Atomkonflikt den Druck auf Nordkorea erhöhen. Doch Russlands Präsident ist gegen schärfere Strafmaßnahmen. Die EU will über Sanktionen beraten.
Die Weltgemeinschaft ist gespalten, wie Nordkorea nach seinem bislang stärksten Atomtest zur Räson gerufen werden soll. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich dagegen ausgesprochen, den Druck auf Nordkorea mittels schärferer Sanktionen zu erhöhen. Dies sei sinnlos, sagte Putin am Dienstag auf einem Treffen der fünf großen Schwellenländer in China. Schärfere Sanktionen hätten keinen Einfluss auf die Regierung in Pjöngjang, könnten stattdessen aber das Leiden der Bevölkerung deutlich vergrößern. Zugleich forderte der russische Präsident alle Beteiligten dazu auf, im Atomkonflikt mit Nordkorea die Ruhe zu bewahren: "Militärische Hysterie" könne zu einer "globalen Katastrophe" führen.
Russlands Warenaustausch mit Nordkorea liege "fast bei Null", sagte Putin. Derzeit würden noch 40.000 Tonnen Erdöl und Erdölprodukte pro Quartal geliefert. "Russland exportiert mehr mehr als 400 Millionen Tonnen, 40.000 im Quartal - das ist Null", erläuterte der russische Präsident. Kein größeres russisches Unternehmen liefere noch nach Nordkorea. Im übrigen sei es absurd, Russland auf eine Sanktionsliste mit Nordkorea und dem Iran zu setzen und dann um Hilfe bei der Durchsetzung eines Embargos gegen Pjöngjang zu bitten.
EU berät weitere Strafmaßnahmen
Die EU wird nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende über neuen Sanktionen gegen Nordkorea beraten. "Das ist auch dringend notwendig", sagte Merkel am Dienstag im Bundestag. Zugleich warnte Merkel vor einer militärischen Eskalation. "Hier kann es nur eine friedliche, diplomatische Lösung geben, für die wir allerdings mit allen Kräften eintreten müssen", mahnte sie. Auch wenn Nordkorea weit von Europa entfernt sei, müsse sich die EU engagieren: "Europa hat eine wichtige Stimme in der Welt und muss diese Stimme nutzen in dieser Situation." Am Wochenende ist ein EU-Außenministertreffen zu diesem Thema geplant. Frankreichs Verteidigungsministerin zufolge könne Nordkorea schneller als gedacht Raketen entwickeln, die auch Ziele in Europa erreichen. "Europa riskiert, zügiger als erwartet in Reichweite von Kim Jong Uns Raketen zu sein", warnte Florence Parly bei einer Ansprache vor dem französischen Militär.
Nordkorea hat nach eigenen Angaben am Sonntag eine Wasserstoffbombe getestet und damit international Protest ausgelöst. Inzwischen drohte das Regime weitere Schritte an. Der UN-Botschafter des Landes, Han Tae Song, sagte am Dienstag in Genf mit Blick auf die jüngsten Atomtests des Landes, das kommunistische Land habe ein "Geschenkpaket" für die Vereinigten Staaten geschnürt. Die jüngsten Maßnahmen zur Selbstverteidigung richteten sich in diesem Zusammenhang gegen niemand anderen als Amerika: "Die USA werden weitere Geschenksendungen aus meinem Land erhalten, solange sie auf unverantwortliche Provokationen und nutzlose Versuche setzen, Druck auf die Volksrepublik Korea auszuüben", sagte Han auf der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen Abrüstungskonferenz. (fra., Reuters)
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