Ungarn: Puszta-Populismus - Mahnung auch für Merkel
Der langjährige Ungarn-Kenner Stephán Ozsváth setzt sich in seinem Buch "Puszta-Populismus" mit Regierungschef Viktor Orbán auseinander. Eine Rezension.
Viele Ungarn erhoffen sich von ihm neue Stärke, die meisten Europäer bringt er zur Verzweiflung: Viktor Orbán, Mitbegründer und Vorsitzender der rechtskonservativen Partei Fidesz, von 1998 bis 2002 und seit 2010 erneut Ministerpräsident von Ungarn. Orbán ist die zentrale Figur in „Puszta-Populismus“ von Stephan Ozsváth, langjähriger ARD-Korrespondent in Wien.
Das Thema hat Relevanz weit über das kleine mitteleuropäische Land hinaus. Orbán hat nicht nur die Vernetzung mit Polen, Tschechien und der Slowakei in der Visegrád-Gruppe vorangetrieben. Tonangebend ist er in einer rigiden Anti-Asyl-Politik und Orbán vernetzt sich weit über seine Region hinaus. Erst kürzlich war er bei Sachsens Noch-Ministerpräsident Stanislaw Tillich und dessen rechtslastiger CDU-Spitze zu Gast, ebenso zählt Horst Seehofer mit seiner CSU zu seinen begehrten Gesprächspartnern.
„Orbán – ein europäischer Störfall?“ fragt Ozsváth im Untertitel. Seiner profunden Analyse zufolge darf man sich das Fragezeichen getrost wegdenken. Das Gehabe eines Sektenführers bescheinigt er dem ungarischen Regierungschef, im eigenen Land verehrt als politischer Messias.
Der Autor zeichnet die politische Kehrtwende Orbáns nach. Denn der trat nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zunächst radikal liberal auf. Erst später besetzt er den völkisch-nationalen Part, wendet sich vom Westen ab und lässt sogar Rechtsextreme im Land gewähren. Ozsváth erklärt auch, warum Judenhass in Ungarn heute wieder hässliche Urständ feiert – weil nämlich die Fidesz-Partei Antisemitismus in den eigenen Reihen toleriert und sogar schürt, wenn es politisch nützlich erscheint.
Düstere Aussichten für Ungarn, aber Ozsváth will das nicht einfach so hinnehmen. Eine wichtige Rolle im Einfluss auf Budapest sieht der Autor für die konservative Parteienfamilie in Europa, darunter auch die CDU von Angela Merkel. Er fordert: „Wem europäische Grundwerte mehr als nur Lippenbekenntnisse sind, der muss das auch klar und öffentlich sagen.“
Das Buch als Tweet: #Ungarn et #Orbán – kein Segen für Europa.
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— Stephan Ozsváth: Puszta-Populismus. Danube Books, Oktober 2017, 200 Seiten, 16 Euro.