Gesundheitsminister plant Pharma-Gesetz: Preisbremse für neue Arznei
Gesundheitsminister Hermann Gröhe plant eine neue Preisbremse für Arzneimittel. Allerdings kommt er der Pharmaindustrie auch entgegen.
Mit einem neuen Gesetz will Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) explodierende Arzneipreise verhindern. Vorgesehen ist, dass der vereinbarte Erstattungspreis für neue Medikamente ab einer Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro nicht mehr erst nach einem Jahr, sondern auch rückwirkend gelten soll. Für andere Arznei wird das bestehende Preismoratorium bis Ende 2022 verlängert.
Bislang dürfen die Hersteller den Preis für neue Arznei im ersten Jahr frei bestimmen. Erst danach greift die Nutzenbewertung, aufgrund derer sich Hersteller und Kassen auf einen Erstattungspreis einigen. Das hat zur Folge, dass sich manche Hersteller bis dahin mit extrem überhöhten Preisen schadlos zu halten versuchen.
Nur drei Medikamente lagen über der geplanten Umsatzschwelle
Mit der geplanten Umsatzschwelle wären im Jahr 2015 allerdings auch nur drei Medikamente im Preis gedrückt worden: die beiden Hepatitis-C-Präparate Harvoni und Sovaldi von Gilead Sciences sowie das Multiple- Sklerose-Mittel Tecfidera des US-Konzerns Biogen. Mit einer Umsatzschwelle von 100 Millionen Euro hätte man sieben Arzneimittel erfasst, hieß es im Ministerium. Bei einer 50-Millionen-Schwelle wären es 13 gewesen.
Durch die nun geplante Regelung hätte man in den vergangenen Jahren gleichwohl 200 Millionen Euro sparen können, verlautete aus Ministeriumskreisen. Das verlängerte Preismoratorium bringe eine Ausgabenminderung von 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Allerdings soll es für die Hersteller im Gegenzug ab 2018 einen Inflationsausgleich geben, durch den sich die Ersparnis um 150 bis 200 Millionen Euro verringert.
Erstattungspreise sollen künftig vertraulich bleiben
Als Entgegenkommen an die Pharmaindustrie ist auch zu werten, dass die ausgehandelten Erstattungspreise künftig "vertraulich" bleiben sollen. Im anderen Fall, so argumentierendie Hersteller, könnten Abnehmer in anderen Ländern darauf Bezug nehmen und die Arzneipreise dadurch auch bei ihnen leichter drücken.
Allerdings will das Ministerium die versprochene Vertraulichkeit sehr großzügig auslegen. Neben Großhandel, Apothekern und privat Versicherten müssten auch Ärzte Einblick in die vereinbarten Preise erhalten, hieß es. Schließlich hätten diese auch über Alternativmedikamente zu befinden und unterlägen einem Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Debatte darüber dürfte spannend werden, denn die SPD beharrt auf einer öffentlichen Listung der Erstattungspreise. Das SPD-geführte Wirtschaftsministerium dagegen findet, dass Mediziner die Preise für neue Arznei nicht unbedingt kennen müssten.
Mehr Geld für Apotheker
Geplant ist zudem, Apothekern mehr für Standardrezepturen und Betäubungsmittelrezepte zu zahlen. Die Kosten dafür veranschlagt das Ministerium auf 100 Millionen Euro. Gleichzeitig soll es für die Hersteller attraktiver werden, nach neuen Antibiotika zu forschen. Bei der Preisfestsetzung soll berücksichtigt werden, ob es Resistenzen gegen bisherige Mittel gibt. Und auch für Kinderarznei will Gröhe der Industrie den Nachweis eines Zusatznutzens erleichtern.
Rainer Woratschka