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Polens Präsident präsentiert seine Pläne für die Justizreform.
© Agencja Gazeta/ Slawomir Kaminski/ REUTERS ATTENTION EDITORS

Justizreformen: Polens Präsident fordert die Regierung heraus

Andrzej Duda hatte vor zwei Monaten Reformgesetze der Kaczynski-Regierung mit seinem Veto gestoppt. Jetzt stellt er seinen eigenen Plan vor.

So selbstbewusst haben die Polen ihren Präsidenten Andrzej Duda seit seinem Wahlsieg vor mehr als zwei Jahren nicht mehr erlebt. Er präsentierte am Montag seine vor der Sommerpause angekündigten Gegenvorschläge zu der von der EU heftig kritisierten Justizreform der rechtskonservativen Regierung. Das Ziel des Staatsoberhauptes: Er will den alleinigen Machtanspruch der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) brechen. Da der Staatspräsident aus dieser Partei stammt, galt sein Vorstoß als überraschend. Jetzt will er sich selbst besondere Befugnisse zuweisen.

Duda hatte vor zwei Monaten zwei von drei Reformgesetze der Kaczynski-Regierung nach Massenprotesten mit seinem Veto gestoppt. Die Ein-Parteien-Regierung der PiS wollte die vollständige Kontrolle über sämtliche Richterernennungen und das bisher noch nicht gleichgeschaltete Oberste Gericht erlangen. Die Opposition und zahlreiche Rechtsexperten bezeichneten das Vorhaben wegen der faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung als verfassungswidrig. Die EU-Kommission drohte mit der Eröffnung eines Verfahrens, das in letzter Konsequenz zum Entzug der Stimmrechte führen würde.

Duda hält seine Korrekturen nun für „viel gerechter“ und „bürgerfreundlicher“. Es soll eine neue Kammer des Obersten Gerichts geschaffen werden, bei der Bürger Klagen gegen Urteile aller niedrigeren Gerichtsinstanzen einreichen können. Dabei soll es nicht wie bisher einzig um Verfahrensfehler gehen, sondern auch um Urteile die gefällt wurden, nachdem eine der Streitparteien mutmaßlich die Richter gekauft haben. Duda will sich unter anderem auch das Recht verschaffen, Mitglieder des Richterrates selbst zu ernennen.

Regierungspartei reagierte zurückhaltend

Der Präsident forderte am Montag alle Fraktionen ultimativ zu Konsultationen noch am gleichen Tage auf. Die liberalkonservative, oppositionellen Bürgerplattform (PO) lehnte das Treffen jedoch ab. Die Vorschläge müssten erst anhand des Gesetzestextes studiert werden, hieß es zur Begründung.

Die Regierungspartei reagierte zurückhaltend. Im von der PiS kontrollierten staatlichen Fernsehsender TVP wurde Dudas Rede zuerst völlig unkommentiert übertragen. Zwei Juristen verwiesen lediglich darauf, dass eine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung nicht zustande kommen werde. Davon geht indes auch die Opposition aus. Duda kam mit seinem Gesetzesentwurf deren Vorschlägen für eine Bürgerbeteiligung nicht entgegen. Dennoch gilt sein Vorstoß als ein offener Affront gegen die Partei, aus der er stammt. „Duda hat Kaczynski erneut einen Kinnhaken verpasst“, höhnte das oppositionelle linksliberale Nachrichtenmagazin „Polityka“.

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski hat unterdessen seine Forderung nach deutschen Reparationszahlungen bekräftigt. „Auf keinen Fall haben wir die Absicht, zu verzichten“, sagte er dem Politikmagazin „Sieci Prawdy“. Es gebe „keine rechtliche Grundlage dafür, dass Deutschland uns (Reparationen) verweigern könnte“. Zugleich diene die Forderung dazu, die „deutsche Partei in Polen“ zu identifizieren. Man müsse nur den Politikern der Opposition zuhören, die die Reparationsforderungen „erbittert bekämpfen“.

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