EuGH-Gutachten zu Sanktionen: Polen und Ungarn müssen mit Kürzung von EU-Geldern rechnen
Zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit führte die EU eine Sanktionsregel ein. Polen und Ungarn reichten Klagen ein. Diese werden wohl bald vom EuGH abgewiesen.
In seinem Schlussantrag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat der Generalanwalt für eine Zurückweisung der Klagen Polens und Ungarns gegen den EU-Rechtsstaatsmechanismus und die damit verbundene Kürzung von EU-Geldern plädiert.
Die Regelung sei mit Artikel 7 des EU-Vertrags vereinbar, erklärte Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona in Luxemburg. „Unter diesen Umständen schlägt der Generalanwalt dem Gerichtshof vor, die von Ungarn und Polen erhobenen Nichtigkeitsklagen abzuweisen.“
Der sogenannte Rechtsstaatsmechanismus sieht vor, dass EU-Staaten Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung ein Missbrauch der Gelder droht.
Die Regierungen in Ungarn und Polen befürchten, dass das neue Verfahren vor allem gegen sie eingesetzt werden soll, und hatten dagegen geklagt. Sie argumentieren unter anderem damit, dass es keine geeignete Rechtsgrundlage für die Verordnung gebe. Kritiker werfen Warschau und Budapest vor, die Justiz entgegen der EU-Standards zu beeinflussen.
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In dem nun veröffentlichten - rechtlich nicht bindenden - Gutachten wird zudem klargestellt, dass der Begriff Rechtsstaatlichkeit unter dem neuen Mechanismus den Mindestanforderungen an „Klarheit, Genauigkeit und Vorhersehbarkeit“ genüge und somit dem Grundsatz der Rechtssicherheit entspreche.
Fingerzeig an EuGH-Richter
Die Verordnung stelle eine Haushaltsvorschrift dar, die eine „hinreichend unmittelbare Verbindung zwischen dem Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit und der Ausführung des Haushaltsplans“ voraussetzt. Damit sei sie nicht bei allen Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien anwendbar, sondern nur in unmittelbarem Zusammenhang mit der Haushaltsführung der Union.
Das Gutachten gilt als starkes Indiz, in welche Richtung ein noch ausstehendes Urteil ausfallen könnte. Zwar sind die Empfehlungen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht bindend, oft folgen die Luxemburger Richter ihnen aber.
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Der Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit war im vergangenen Dezember nach langen EU-internen Diskussionen beschlossen worden. Eine Einigung der Staats- und Regierungschefs sieht allerdings vor, dass er erst dann angewendet werden soll, wenn der EuGH über die Klage von Ungarn und Polen entschieden hat.
Vor rund eineinhalb Wochen hatte die EU-Kommission in einem informellen Schritt Informationen von Polen und Ungarn angefordert. Diese fließen in die Beurteilung der Kommission ein, ob die Voraussetzungen für weitere Schritte erfüllt sind. Warschau und Budapest haben zwei Monate Zeit, um zu antworten. (dpa, AFP)