Kostendruck bei den Airlines: Piloten-Sprecher: Fliegen wird unsicherer
Der Vorstand der Pilotenvereinigung Cockpit warnt, dass Sparmaßnahmen der Airlines zu weniger Sicherheit führen. Ein Flugzeugabsturz könnte deshalb künftig "alle fünf statt wie bisher alle zehn Jahre" passieren.
Nach der Germanwings-Katastrophe mit 150 Toten steigen viele Flugpassagiere mit ungutem Gefühl in ein Flugzeug. Und das, obwohl Fliegen nach wie vor als die sicherste Möglichkeit der Fortbewegung gilt. Doch nun warnt Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit und selbst Flugkapitän bei der Lufthansa, die Sicherheit im internationalen Flugverkehr werde abnehmen. Als Grund nennt er Sparmaßnahmen der Airlines und Mängel bei der Aus- und Fortbildung der Piloten. Die Probleme seien gravierend, so Handwerg gegenüber dem Tagesspiegel. So müsse man damit rechnen, dass in Zukunft „beispielsweise alle fünf Jahre statt alle zehn Jahre“ ein Flugzeug abstürzt.
Die Fluglinien, auch in Deutschland, stehen unter hohem Kostendruck. Dies führt dazu, dass beispielsweise weniger Flugbegleiter angestellt werden. An der Sicherheit, so versichern die Airlines unisono, werde aber auf keinen Fall gespart. Dem widerspricht Jörg Handwerg. So sei es bei vielen Airlines üblich, dass dem Flugkapitän vorgeschrieben werde, wie viel er für eine bestimmte Strecke tanken dürfe, anstatt dies den Piloten mit Blick auf das Wetter und Besonderheiten der Route zu überlassen. Hintergrund ist, dass Treibstoff einer der größten Kostenfaktoren beim Flugbetrieb ist. „Das hat Auswirkungen auf die Sicherheit“, sagt Handwerg.
Auch beim Training der Piloten sieht der Cockpit-Sprecher, der auch der Personalvertretung der Lufthansa angehört, erhebliche Mängel: „Hier wird eine Simulatorschicht eingespart, dort ein anderer Schulungsschritt. Und in zehn Jahren sind die Piloten nicht mehr so fit wie vorher.“ Natürlich könne man nicht sagen, dass eine einzelne Sparmaßnahme die Sicherheit massiv beeinträchtige. „Aber in der Summe wird es dazu kommen.“
Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty weist die Vorwürfe für seine Airline zurück. Bei der Lufthansa gebe es eine ausgeprägte „Sicherheitskultur“, bei Ausbildung und Schulungen gehe man weit über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß hinaus. So seien Simulatortrainings zweimal im Jahr vorgeschrieben, die Lufthansa biete aber vier bis fünf solcher Einheiten an. Auch stehe das Betanken des Flugzeugs im Ermessen der Cockpitcrew. Allerdings, so Lamberty: Wenn man die Fluglinien in Deutschland und Europa insgesamt betrachte, habe Handwerg mit seiner Kritik sicher nicht unrecht.
Erst vor wenigen Tagen hatte die EU-Kommission Bedenken wegen der Flugsicherheit in Deutschland geäußert. Sie kritisierte, die Aufsicht über die Flugtauglichkeit von Piloten sei zu lasch. Die EU-Behörde fordert, das Luftfahrtbundesamt müsse die Airlines bei den Gesundheitschecks schärfer überwachen. Deutschland droht nun sogar eine Klage wegen Verletzung des EU-Vertrages.