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Die FDP um ihren Chef Philipp Rösler versucht sich zu sortieren.
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Update

FDP-Mitgliederentscheid: Philipp Rösler hat keine Erklärung für Lindner-Rücktritt

Der FDP-Chef fordert nach dem für ihn erfolgreichen Mitgliederentscheid ein Ende der internen Diskussionen. Auf einen aber ist Rösler nach wie vor nicht gut zu sprechen.

Am Anfang will er nicht lachen. Noch nicht mal lächeln. Philipp Rösler tritt mit ernster Miene vor die Mikrofone im Thomas-Dehler-Haus, der Parteizentrale der FDP in Berlin, um ein Ergebnis des FDP-Mitgliederentscheids zu präsentieren, das ihm eigentlich ein breites Grinsen der Genugtuung und Zufriedenheit entlocken müsste. Aber er beherrscht sich. Er will nicht zeigen, wie angespannt er war. Und er will auch nicht der nette Herr Rösler sein. Hier steht einer, der gerade um sein Amt kämpft: den FDP-Vorsitz. Schließlich hätte dieser Tag auch anders für ihn laufen können: Quorum erreicht und eine Mehrheit für den Kurs des Euro-Rebellen Frank Schäffler - das wäre vermutlich nicht nur das Ende von Philipp Rösler als FDP-Chef gewesen, sondern auch das Aus für die schwarz-gelbe Bundesregierung. Nun aber kommt Rösler erst einmal mit einem blauen Auge davon. Denn die Mehrheit derer, die sich am FDP-Mitgliederentscheid zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM beteiligt haben, stützt den Kurs der Parteiführung. Die Euro-Rebellen um Frank Schäffler sind gescheitert.

Später aber, nachdem Präsidium und Bundesvorstand der FDP getagt und das Ergebnis besprochen hatten, trat ein etwas gelöster Philipp Rösler vor die Presse. An seiner Seite der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring und Frank Schäffler. Und ein wenig Genugtuung lässt er dann durchblicken, als er darauf verweist, dass sich zwar alle mit einem Scheitern der Parteiführung befasst hätten, nicht aber mit einem Erfolg. Jetzt gelte es nach vorne zu blicken. Den Druck aber muss er gespürt haben, denn der FDP-Chef versucht sich in einer Art Entschuldigung für seine Äußerungen kurz vor Ablauf der Einsendefrist zum Mitgliederentscheid, als er diesen für gescheitert erklärt hatte. "Ich bedauere, dass der Eindruck entstanden ist, ich wollte das Ergebnis vorweg nehmen", sagte er.

Es ist deutlich zu spüren, wie ihm der überraschende Rücktritt von Christian Lindner vom Amt des Generalsekretärs zugesetzt - und auch verärgert hat. Warum Lindner diesen Weg gewählt habe, könne er nicht sagen. "Mir ist auch nur die Begründung bekannt, die sie auch kennen", sagte er. Rösler ist sichtlich bemüht, die Einheit der Partei in den Vordergrund zustellen - Uneinigkeit sehe er nicht. Rösler fordert ein Ende der internen Diskussionen.

Und dafür soll auch sein neuer General sorgen. Patrick Döring hat deshalb gleich auf Angriff umgeschaltet und rät der SPD, bevor diese eine Zerrissenheit der FDP aus dem Ergebnis ableite, sollten sie selbst ein solches Befragungsinstrument einführen und durchführen. Ganz auf Attacke konnte er aber nicht gehen, denn ein wenig Selbstverteidigung war nötig, weil ihm ein Verfahren wegen Fahrerflucht droht, nachdem er einen Außenspiegel abgefahren hatte und Zeugen gesehen haben wollen, wie er seinen Spiegel gerichtet habe, dann aber einfach weiter gefahren sei. Dass es diesen Unfall gab, bestreitet Döring nicht. Näher wolle er sich aber erstmal nicht äußern. "Aber sie können mir glauben, dass sich niemand so sehr darüber ärgert wie ich."

Döring kündigt eine Reform des Befragungsverfahrens an. Gleichzeitig sagt er: "Wir hegen und pflegen das Instrument der Mitgliederbefragung, aber wir wollen es auch nicht übertreiben." Frank Schäffler machte bei seinem Auftritt keinen Hehl daraus, dass die vergangenen Wochen auch für ihn persönlich anstrengend waren. "Ich bin froh, dass es vorbei ist", sagte er. Der Initiator der Befragung fordert seine Partei aber auch auf, das Instrument flexibler einzusetzen und besser auszugestalten. Immer wieder hat es Kritik an dem Verfahren gegeben.

Deutliche Mehrheit für Parteispitze

20.178 Stimmen seien eingegangen, 19.930 waren gültig. Für den Antrag von Schäffler stimmten laut Rösler 8809 (44,2 Prozent) und für den Antrag der Parteispitze stimmten 10.841 (54,4 Prozent). Das nötige Quorum von 21.503 Stimmen wurde damit verfehlt. "Dieses Ergebnis bestätigt einmal mehr die Linie der FDP, des Bundesvorstandes und auch der Regierungsmitglieder", sagte Rösler. Die FDP bleibe eine pro-europäische Partei mit "ordnungspolitischer Vernunft".

Das Ergebnis fällt insgesamt deutlicher zugunsten der Parteispitze aus als auch in der Partei selbst vermutet. Damit verschafft sich Philipp Rösler im Kampf um seinen Posten etwas Luft. Denn er ist in den vergangenen Tag in die Kritik geraten. Auch weil er den Entscheid schon vor Ende der Abstimmungsfrist für gescheitert erklärt hatte. Der Rücktritt von Generalsekretär Christian Lindner am Mittwoch hat die Debatte um den Parteichef weiter verschärft und eine Führungskrise in der FDP ausgelöst. Immer wieder wird Rainer Brüderle als möglicher Nachfolger Röslers gehandelt. Der FDP-Fraktionschef begrüßt das Ergebnis des Mitgliederentscheids seiner Partei. Damit sei der klare pro-europäische Kurs des Bundesvorstandes bestätigt worden, sagte er in Berlin. Zudem habe der Ausgang der Abstimmung die Position des Bundesvorsitzenden Philipp Rösler gestärkt.

Die Initiatoren des FDP-Mitgliederentscheids haben ihre Niederlage eingestanden. In einer gemeinsamen Erklärung verzichteten Schäffler und sein Parteifreund Burkhard Hirsch zugleich darauf, die Rechtmäßigkeit des Entscheids infrage zu stellen. Das Verfahren "hat sich dabei in wesentlichen Punkten als stark verbesserungsbedürftig herausgestellt", kritisierten sie zwar. Konsequenz daraus ist jedoch nur eine Bitte an den Parteivorstand, die Verfahrensordnung zu überarbeiten.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat das Ergebnis des FDP-Mitgliederentscheids begrüßt. Die FDP bleibe damit "auf einem Kurs der europäischen Integration“, erklärte Westerwelle am Freitag in Berlin. „Das ist eine gute Nachricht für Deutschland, für Europa und für die Liberalen", hieß es weiter. Fraktionsgeschäftsführer Otto Fricke hatte Rösler am Morgen noch den Rücken gestärkt. Rösler werde unabhängig vom Ausgang des Mitgliederentscheids über den Euro-Rettungsschirm ESM im Amt bleiben. "Er kann es", sagte Fricke im Deutschlandfunk. Sein Durchhaltewille werde unterschätzt. (Mit AFP)

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