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Viele Delegierte, eine Meinung: Der Volkskongress verabschiedet mit 2895 Ja-Stimmen die Wahlrechtsreform für Hongkong. Niemand stimmte dagegen, nur ein Delegierter oder eine Delegierte enthielt sich.
© Reuters/Carlos Garcia Rawlin

Volkskongress stärkt Chinas Einfluss in Hongkong: Peking setzt auf Patrioten

Mit einer Wahlrechtsreform stärkt der Volkskongress Chinas Kontrolle über Hongkong. Großbritanniens Außenminister kritisiert das als Bruch eines Versprechens.

Man kann mitunter vergessen, dass Chinas Volkskongresse eine abgekartete Polit-Show der alleinregierenden Kommunistischen Partei sind. Zum Beispiel, wenn am Morgen knapp 3000 Delegierte aus allen Provinzen in die Große Halle des Volkes strömen, darunter die Vertreter der Minderheiten in traditionellen Kostümen. Je mehr Abgeordnete, so könnte man vielleicht glauben, umso mehr Meinungen und Interessen? Wenn dann aber ein Abstimmungsergebnis wie am Donnerstag zur Wahlrechtsreform für Hongkong bekannt gegeben wird, wird schnell deutlich, dass China unter Parteichef Xi Jinping weiterhin auf ein totalitäres Staatssystem setzt: 2895 Ja-Stimmen, null Nein-Stimmen, eine Enthaltung.

In Peking ist am Donnerstag der Volkskongress nach einer Woche zu Ende gegangen. Dabei erregte die Verabschiedung der Wahlrechtsreform für Hongkong das größte Aufsehen. Diese muss noch durch den Ständigen Ausschuss des Volkskongresses präzisiert werden. Aber schon jetzt ist klar, dass die Reform die Kontrolle Chinas über die Sonderverwaltungszone verstärken und die Rechte der Hongkonger weiter beschneiden wird.

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Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldet, soll ein von Peking eingesetzter Überprüfungsausschuss Hongkonger Kandidaten danach beurteilen, ob sie eine patriotische Gesinnung haben. Nur derart vorausgewählte „Patrioten“ sollen künftig zu den 1500 Delegierten des Wahlkomitees zählen, das Hongkongs Regierungschef wählt. Und nur „Patrioten“ sollen sich zur ohnehin schon eingeschränkten Wahl für das Hongkonger Parlament stellen dürfen.

Der neue Fünfjahresplan soll Chinas Eigenständigkeit stärken

In Großbritannien wird die Reform stark kritisiert. „Dies ist der jüngste Schritt Pekings, Platz für demokratische Debatten in Hongkong auszuhöhlen, entgegen den von China gemachten Versprechen“, sagte Außenminister Dominic Raab. Sein Land hatte Hongkong 1997 unter der Zusicherung auf einen 50 Jahre währenden Sonderstatus Hongkongs an China zurückgegeben. Nach der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes schwächt Peking diesen Status nun zum zweiten Mal ab. „Peking beerdigt nun mit dem Patriotengesetz de facto die Demokratie“, twitterte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, Gyde Jensen (FDP), vor der Abstimmung: „Hongkong ist nicht mehr das, was es einmal war. Und die Welt schaut zu.“

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Am letzten Tag haben die Delegierten auch den neuen Fünfjahresplan verabschiedet. Die Regierung will damit die Binnennachfrage stärken und die Investitionen in Forschung und Entwicklung steigern. Der neue Plan zur Förderung von Innovationen soll auch die Eigenständigkeit Chinas stärken. Das Wirtschaftswachstum soll in diesem Jahr mehr als sechs Prozent betragen, nachdem es im vergangenen Corona-Jahr bereits 2,3 Prozent erreicht hatte. Eine IWF-Vorhersage erwartet sogar ein Wachstum von 8,1 Prozent, doch solchen Prognosen gegenüber zeigte sich der Regierungschef skeptisch. „Wir müssen wilde Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung vermeiden“, sagte Li Keqiang vor der Presse. Zu schnelles Wachstum sei nicht nachhaltig. (mit dpa)

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