Frankreich: Parteilinke scheitert mit Aufstand gegen Hollande
Frankreichs Präsident Hollande will die umstrittene Arbeitsmarktreform ohne Parlamentsvotum durchbringen. Bei den sozialistischen Parteilinken regt sich Widerstand. Allerdings scheiterten sie mit dem Versuch, einen Misstrauensantrag gegen die eigene Regierung einzubringen.
Es gibt im französischen Polit-Vokabular zahlreiche Begriffe mit weit zurückreichenden historischen Bezügen. Da ist zum Beispiel die „Fronde“ – also jene Aufstände, die Frankreich im 17. Jahrhundert erschütterten. Später, in Revolutionszeiten, kam dann die Guillotine hinzu. Heutzutage gilt ein Artikel der französischen Verfassung als „Guillotine“, mit dem eine Regierung eine Parlamentsabstimmung immer dann verhindern kann, wenn sie sich der eigenen Mehrheit nicht sicher sein kann. Seit Premierminister Manuel Valls am Dienstag ankündigte, von dem berüchtigten Verfassungartikel 49.3 zur Verabschiedung der umstrittenen Arbeitsmarktreform Gebrauch zu machen, gärt es bei der sozialistischen Parteilinken. Allerdings brach ihre Fronde gegen Regierungschef Valls und Präsident François Hollande am Mittwochnachmittag zusammen - weil zwei Stimmen fehlten.
Die Reform soll jungen Menschen Arbeit verschaffen
Von der Arbeitsmarktreform verspricht sich Hollande viel: Sie soll ihm helfen, das Heer der Arbeitslosen in Frankreich – die Arbeitslosenquote liegt bei über zehn Prozent – zu verringern. Hollande hatte eine Senkung der Arbeitslosenquote zur Bedingung gemacht, um bei der nächsten Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr wieder als Kandidat für die Sozialisten anzutreten. Die geplante Arbeitsmarktreform, die eine Lockerung bei der 35-Stunden-Woche und beim Kündigungsschutz vorsieht, soll dazu beitragen, jungen Leuten einen Job zu verschaffen.
Allerdings ist die Reform auch bei jungen Menschen in Frankreich umstritten. Zu den Demonstranten, die seit Anfang März bislang ein halbes Dutzend Mal auf die Straße gingen, gehörten auch zahlreiche Schüler und Studenten. Auch bei den nächsten Demonstrationen, zu denen die Gewerkschaften für den 17. und 19. Mai aufgerufen haben, werden voraussichtlich wieder viele junge Menschen mitmarschieren. Hollande und Valls setzen indes darauf, dass die landesweite Protestbewegung inzwischen ihren Höhepunkt überschritten hat. Am 31. März waren nach Polizeiangaben 390.000 Menschen auf die Straße gegangen, seither verzeichnen die Kundgebungen einen geringeren Zulauf.
Anhänger von Ex-Ministerin Aubry wollten beim Aufstand nicht mitmachen
Auch von der innerparteilichen Fronde hat Hollande nicht viel zu befürchten. Am Mittwoch hatten Abgeordnete der sozialistischen Parteilinken zunächst versucht, gemeinsam mit Parlamentariern der Linksfront und der Ökologen genügend Unterschriften für einen eigenen Misstrauensantrag gegen die Regierung zu sammeln. Am Ende fehlten zwei der nötigen 58 Unterschriften. Es war den Frondeuren nicht gelungen, die Anhänger der ehemaligen Parteichefin und Arbeitsministerin Martine Aubry, die als „Mutter der 35-Stunden-Woche“ gilt, zum Mitmachen zu bewegen.
Bereits am Dienstag hatte die konservative Opposition im Parlament einen Misstrauensantrag eingebracht – eine logische Folge aus der Ankündigung von Valls, die Arbeitsmarktreform per „Guillotine“ durchzubringen. Der Antrag der Opposition, über den an diesem Donnerstag abgestimmt wird, dürfte aber kaum eine Chance auf eine Mehrheit haben.
Aber auch wenn Hollande am Ende sein Symbolprojekt per Dekret durchpeitscht, ist fraglich, ob es tatsächlich den gewünschten Effekt am Arbeitsmarkt haben wird. Die Arbeitgeber haben bereits beklagt, dass das Gesetzesprojekt derart verwässert wurde, dass es kaum mehr wiederzuerkennen sei.