Neue Impfstoffe gegen Mutationen: Österreich und Dänemark wollen Impf-Allianz mit Israel
Die EU-Kommission will Millionen für neue Vakzine gegen Mutanten lockermachen. Doch Wien und Kopenhagen wollen sich nicht darauf verlassen.
Die EU-Kommission steht weiter unter Druck, bei den Impfungen in der Europäischen Union vorzeigbare Ergebnisse zu präsentieren. Länder wie Israel, Großbritannien und die USA haben bei der Verabreichung der Vakzine einen Vorsprung gegenüber der EU. Zwar sollen bis zum Sommer nach der Zielvorgabe der EU-Kommission 70 Prozent der Bevölkerung in der Gemeinschaft geimpft sein. Doch inzwischen gehen etliche EU-Staaten bei der Impfstoffversorgung eigene Wege. So bekräftigte Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz am Dienstag, dass sein Land eng mit Israel und Dänemark bei der Entwicklung von Vakzinen der zweiten Generation zusammenarbeiten wolle, die auch gegen die Virusvarianten wirksam sind.
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Am kommenden Donnerstag werden Kurz und die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen in Israel erwartet, wo sie mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Impfstoff-Versorgung schließen wollen. Netanjahu kündigte an, dass es bei dem Treffen um „eine internationale Zusammenarbeit für die Produktion von Impfstoffen“ gehen werde.
EU-Kommission rechnet mit 500 Millionen Dosen im zweiten Quartal
Die geplante Zusammenarbeit der beiden EU-Staaten Österreich und Dänemark mit dem Impf-Primus Israel macht deutlich, wie schwierig sich ein gemeinschaftliches Vorgehen der EU gestaltet. Bei einem Videogipfel mussten die Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche erkennen, dass die EU noch auf absehbare Zeit bei den Impfungen hinter den USA, Großbritannien und Israel hinterherhinken wird. In einem Interview mit der „Financial Times“ gab EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu, dass die Impfstoffversorgung bis Ende März „ohne jede Frage“ schwierig bleiben werde. Für das zweite und dritte Quartal prognostizierte die Kommissionschefin aber eine erhebliche Verbesserung der Lage. Dann sollen von den Herstellern jeweils 500 Millionen Dosen an die Gemeinschaft geliefert werden, hofft die EU-Kommission.
Beschleunigte Zulassung für angepasste Vakzine
Als eine regelrechte Abkehr von der EU will Kurz derweil die österreichisch-dänisch-israelische Initiative nicht gewertet wissen. Er sei durchaus froh, dass von der Leyen frühzeitig die Initiative für die Impfstoff-Beschaffung ergriffen habe, erklärte er. Allerdings kritisierte er, dass die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zu langsam bei der Zulassung von Impfstoffen sei. Dazu sagte ein Kommissionssprecher am Dienstag, es sei ohnehin vorgesehen, dass Impfstoffhersteller bei der Zulassung bereits eingesetzter Vakzine, die lediglich an eine Virusmutation angepasst wurden, nicht mehr das vollständige EMA-Verfahren durchlaufen müssten.
Auf die Frage, welche Lehren die EU angesichts des Impf-Rückstandes gegenüber anderen Staaten gezogen habe, verwies Kommissionssprecher Eric Mamer auf den so genannten „Hera Inkubator“ der Gemeinschaft, mit dessen Hilfe Virus-Varianten nun schneller erforscht werden sollen. Für den Aufbau von Testkapazitäten und für Forschungszwecke sollen die EU-Staaten dafür aus Brüssel mit 225 Millionen Euro unterstützt werden.
Allerdings wollen sich Österreichs Kanzler Kurz und seine dänische Amtskollegin Frederiksen beim Kampf gegen die Mutationen nicht mehr allein auf die EU verlassen. Zur Begründung sagte Kurz, dass in seinem Land auch in den kommenden Jahren jeweils zwei Drittel der Bevölkerung - also sechs Millionen Österreicher - erneut geimpft werden müssten. Man müsse sich „jetzt schon rechtzeitig auf weitere gefährliche Covid19-Mutationen vorbereiten“, twitterte er.
Ungarn bestellt in China und Russland
Die Suche der Regierungen in Wien und Kopenhagen nach Alternativen jenseits der EU-Impfstrategie stellt indes nicht den einzigen Rückschlag für ein gemeinschaftliches Vorgehen dar. Ungarn hat bereits Vakzine aus Russland und China geordert, auch wenn es dafür keine Zulassung durch die EMA gibt. Aus der Sicht der EU-Kommission ist es grundsätzlich kein Problem, wenn einzelne Länder auch andere Vakzine zulassen. Die Brüsseler Behörde pocht allerdings darauf, dass die „Wirksamkeit und Sicherheit“ der Impfstoffe im Vordergrund stehen müsse.
Orban ließ sich mit chinesischem Vakzin impfen
Trotz solcher Bedenken hat sich Ungarns Regierungschef Viktor Orban inzwischen mit dem Vakzin der chinesischen Firma Sinopharm impfen lassen. Derweil hat die Slowakei, die von besonders hohen Infektionsraten betroffen ist, mit Moskau einen Vertrag über die Lieferung von zwei Millionen Dosen des Impfstoffs „Sputnik V“ geschlossen. Und auch Polens Staatschef Andrzej Duda hat mit seinem Pekinger Amtskollegen Xi Jinping bereits über eine Lieferung von chinesischem Impfstoff gesprochen.