Ausbreitung von Mutanten in der EU: Brüssel will bei Sequenzierung helfen
Bei der Impfstoff-Bestellung war die EU im vergangenen Jahr zu langsam. Jetzt will die EU-Kommission die Scharte wieder auswetzen.
Die gute Nachricht stellte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gleich an den Beginn ihrer Pressekonferenz am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission habe einen zweiten Liefervertrag mit dem US-Impfstoffhersteller Moderna abgeschlossen, erklärte von der Leyen an der Seite der Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides und des Binnenmarktkommissars Thierry Breton. Nach der ersten Bestellung von 80 Millionen Dosen im vergangenen November soll die Pharmafirma ab dem dritten Quartal dieses Jahres weitere 300 Millionen Dosen an die EU liefern.
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Bereits Anfang Januar hatte die EU-Kommission zusätzlich 300 Millionen Impfdosen bei Biontech/Pfizer geordert. Am Mittwoch brachte die Brüsseler Behörde den Vertrag mit dem Mainzer Unternehmen und dessen US-Partner unter Dach und Fach. Mit der zusätzlichen Bestellung reagierte die Kommission auf den Vorwurf, gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen mit den Pharmakonzernen im vergangenen Jahr zu lange gezögert zu haben.
Auf kurze Sicht werden die Nachbestellungen aber nichts daran ändern, dass in der EU im ersten Quartal – verglichen mit Großbritannien und den USA – eher wenig Impfstoff zur Verfügung steht. Allerdings deutet sich angesichts der zunehmenden Verbreitung der Virus-Varianten schon jetzt an, dass es sich beim Impfen eher um eine Langzeit-Aufgabe handeln wird. Bis jetzt scheinen die bislang in der EU zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca gegen die Virusvarianten wirksam zu sein, sagte von der Leyen. Damit die Hersteller die Impfstoffe gegebenenfalls an die Mutanten anpassen können, will die EU 225 Millionen Euro für Tests und Forschungszwecke bereitstellen.
In einem ersten Schritt sollen dabei 150 Millionen Euro fließen, kündigte die Kommissionschefin an. Die Gelder sollen über ein Programm bereitgestellt werden, das die Kommission „Hera-Inkubator“ getauft hat. Mit dem neuen Programm soll unter anderem sichergestellt werden, dass künftig mehr positive Corona-Tests genomsequenziert werden, die Forschung schneller auf die neuen Mutanten reagieren kann und die Massenproduktion von Impfstoffen beschleunigt wird.
Nur 22 Millionen EU-Bürger haben eine Erstimpfung erhalten
Nach gegenwärtigem Stand haben nach den Angaben der Kommissionschefin 22 Millionen Menschen in der EU eine Erstimpfung erhalten. Davon seien sieben Millionen Menschen bereits zum zweiten Mal mit einem Vakzin versorgt worden. "Wir müssen und wir werden die Impfung in den kommenden Wochen und Monaten beschleunigen", versprach von der Leyen.
Ob die EU-Bürger nicht nur in diesem Jahr, sondern auch ab 2022 mit genügend Impfstoff versorgt werden, hängt davon ab, wie schnell die Produktionskapazitäten in der EU hochgefahren werden. Mit dieser Aufgabe ist EU-Kommissar Breton beauftragt worden. Breton gab am Mittwoch zu, dass die Europäer im Vergleich zu den USA und China später in die Impfstoffproduktion eingestiegen seien.
An 16 Standorten in der EU kann produziert werden
Dabei ist in der Europäischen Union nach den Worten von Breton die industrielle Basis für die Herstellung der Impfstoffe durchaus vorhanden. Insgesamt gebe es etwa 16 Produktionsstätten, an denen Impfstoffe hergestellt werden können, sagte er. Normalerweise dauere es 18 Monate bis zwei Jahre, bevor die Produktion auf ein industrielles Maß hochgefahren werden könne, erläuterte der Franzose.
Aber nun müsse es schneller gehen, verlangte Breton. Dabei sprach er von einem Zeitraum von vier bis fünf Monaten zur Skalierung bei der Herstellung. Er wolle zwar nicht von einer „Kriegswirtschaft“ sprechen, sagte der Brüsseler Kommissar. Er fügte aber hinzu: „Wir müssen uns wirklich mit den Mitteln ausstatten, um den lahmgelegten Unternehmen zu helfen.“