Krise der Sozialdemokratie: Oskar Lafontaine für Fusion von SPD und Linkspartei
Er war Chef der SPD und gründete später die Linkspartei. Nun bedauert Oskar Lafontaine den Zustand seiner früheren Partei.
Oskar Lafontaine hält eine Fusion von SPD und Linkspartei für notwendig. Der frühere SPD-Chef und spätere Linkspartei-Gründer vertrete diese Position in internen Gesprächen bereits seit längerem, berichteten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter Berufung auf das Umfeld des 75-Jährigen. Allerdings vermisse Lafontaine in beiden Parteien das Personal, das eine Fusion realisieren könnte.
Lafontaine selbst ist eine der treibenden Kräfte gewesen für die Aufspaltung des linken Lagers in Deutschland. Er war zunächst Vorsitzender der SPD und ab 1998 Finanzminister im Kabinett von Gerhard Schröder. Nach einem Zerwürfnis mit dem damaligen Kanzler ein Jahr später trat er aus der SPD aus. 2005 trat er der SPD-Abspaltung WASG bei, diese fusionierte später mit der PDS zur heutigen Linkspartei.
Nun bedauere Lafontaine den Zustand der SPD, sagte der langjährige Lafontaine-Vertraute und Linkspartei-Politiker Heinz Bierbaum dem RND. "Deshalb liegen solche Überlegungen bei ihm sehr nahe", sagte Bierbaum mit Blick auf eine Fusion von SPD und Linkspartei.
Lafontaine habe zunächst mit der parteiübergreifenden Bewegung "Aufstehen" versucht, auf die Sozialdemokratie einzuwirken. "Das hat nicht so geklappt, wie er sich das vorgestellt hat. Aber er wird an diesem Gedenken festhalten", sagte Bierbaum.
Bierbaum sagte, auch er selbst könne sich einen Zusammenschluss "gut vorstellen". Allerdings sehe er "gegenwärtig noch nicht die politischen Bedingungen dafür". Eine Vereinigung käme "jetzt viel zu früh". Zunächst müsste sich die SPD programmatisch und auch in der praktischen Politik deutlich bewegen.
Auch der einstige Linksparteichef Klaus Ernst zeigte sich offen für eine Fusion. "Langfristig kann man gar nichts ausschließen", erklärte er gegenüber dem RND. "Wenn die Sozialdemokratie wieder sozialdemokratisch würde, dann könnte und müsste man auch wieder darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, zwei Parteien in demselben Spektrum zu haben." Zunächst müssten aber die Sozialdemokraten ihren Kurs festlegen.
Kritischer äußerte sich die Linksfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht: "Wenn man die SPD, von der die Wähler aktuell nicht wissen, wofür sie eigentlich steht, mit der heutigen Linken, in der wichtige Strategiefragen ebenfalls ungeklärt sind, einfach zusammenwirft, kommt ganz sicher kein Erfolgsprojekt heraus", erklärte sie gegenüber dem RND.
Aktuell bringe eine Fusions-Debatte aber nichts. Die SPD brauche einen "echten Neuanfang" und müsse sich von der Agenda 2010 verabschieden. "Dann kann man über vieles nachdenken", erklärte Wagenknecht. (AFP, tsp)