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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).
© Michael Kappeler/dpa

Neue Steuerschätzung: Olaf Scholz will moderate Steuerentlastung - aber erst 2019

Der Finanzminister bleibt trotz Plus bei der Steuerschätzung vorsichtig. Vor einer kleinen Entlastung der Bürger will er zunächst den Breitbandausbau schneller angehen.

Digitalisierung und Entlastung: Mit einem Doppelpaket will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Spielräume nutzen, die sich aus der neuen Steuerschätzung ergeben, die er am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Demnach ergeben sich für den Bund allein Mehreinnahmen gegenüber der Schätzung von November in Höhe von mehr insgesamt als 30 Milliarden Euro bis 2022. Allerdings sind diese zu etwa zwei Dritteln im Haushaltsplan für 2018 und in der Finanzplanung bereits berücksichtigt – so dass sich am Mittwoch ein zusätzlicher Spielraum von 10,8 Milliarden Euro für fünf Jahre ergeben hat.

Scholz schlägt vor, mit den erwarteten Zusatzeinnahmen in diesem Jahr den geplanten Digitalfonds zu füllen, um so schnell mit dem Breitbandausbau und auch der Digitalisierung in den Schulen zu beginnen. Der Finanzminister nannte dafür eine Summe von 2,4 Milliarden Euro. Der Breitbandausbau soll eigentlich aus Versteigerungserlösen für UMTS-Lizenzen finanziert werden, die es aber noch nicht gibt.

Zweitens will Scholz – aber erst 2019 – den zusätzlichen Spielraum für die Glättung der kalten Progression nutzen, also die Steuerprogression an die Inflation anpassen. Das bedeutet eine Entlastung für alle Einkommen. Diese Anpassung ist freilich ohnehin schon vorgesehen, weil der Bundestag vor einigen Jahren beschlossen hat, sie alle zwei Jahre vorzunehmen – wie auch die Anpassung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer an das Existenzminimum. Dazu wird es im Herbst einen Bericht geben, auf dessen Basis dann die Steuerentlastung berechnet wird.

Eine Summe nannte Scholz nicht, doch sagte er, man wolle die Möglichkeiten bei der kalten Progression „ausschöpfen“. Sollte es weitere Mehreinnahmen geben, sollen damit „wichtige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag“ bezahlt werden. Die von SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles ins Gespräch gebrachte weitere Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erwähnte Scholz nicht. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte sich Nahles grundsätzlich angeschlossen, ohne jedoch einen Zeitpunkt zu nennen.

"Man kann nicht vorsichtig genug sein"

Wohl auch an die Kabinettskollegen gerichtet sagte der Finanzminister: „Wir müssen vorsichtig bleiben.“ Er sei zwar optimistisch, aber man könne nicht vorsichtig genug sein. Als Grund nannte er die neue Iran-Krise, deren wirtschaftliche Folgen auch für deutsche Unternehmen „nicht absehbar“ seien. Ein gewisser Unsicherheitsfaktor sind auch die Zinsausgaben. Diese sind angesichts der seit Jahren niedrigen Zinsen auf einem Tiefstand, das Finanzministerium hat aber höhere Zinsen in die Planung eingepreist – möglicherweise etwas höher als tatsächlich erwartet wird, um auf der sicheren Seite zu sein, wie Scholz sagte.

Er deutete an, dass eine „Trendwende im größeren Maßstab“ bei den Zinsen in den kommenden beiden Jahren nicht zu erwarten sei. Freilich ist das Wachstum der Einkommen, allein für 2018 haben die Steuerschätzer ein Plus bei den Löhnen und Gehältern von nominal (also ohne Abzug der Inflation) von 4,4 Prozent einkalkuliert. Daraus nicht zuletzt ergeben sich die Mehreinnahmen.

Plus beim Bund ist weitgehend verplant

Insgesamt ergab die Steuerschätzung Mehreinnahmen gegenüber den bisherigen Erwartungen von 63,3 Milliarden Euro bis 2022. Der Bundeshaushalt wird nach der neuen Schätzung von 309 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf ein Volumen von knapp 369 Milliarden Euro im Jahr 2022 wachsen. Das ist ein Plus von knapp 19 Prozent. Auch die Länder profitieren: Ihre Etats sollen von 298 auf 365 Milliarden Euro wachsen – eine Zunahme um 22 Prozent. Auf die Kommunen kommt sogar ein Einnahmenplus von 27 Prozent zu, ihre Etats nehmen von 105 auf 133 Milliarden Euro zu. Alles in allem wachsen die Staatshaushalte von 734 auf 906 Milliarden Euro.

Die Steuerschätzung wird in den kommenden Wochen zu Debatten in der Koalition über die Verwendung der zusätzlichen Einnahmen vor allem nach 2019 führen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor allem will mehr Geld und bekam dafür am Mittwoch nochmals die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) verlangt mehr Mittel für seinen Ressortetat.

Scholz sagte zu der Debatte um höhere Ausgaben, er habe immer das Gefühl, dass angesichts zusätzlicher Spielräume „innerhalb von fünf Minuten eine vierhundertfache Überbuchung stattfindet“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einer Einigung der „Koalitionsspitzen“, die er begrüße. Er nannte neben der Steuerentlastung und den Investitionen in ein schnelles Internet auch die Entwicklungshilfe, um damit zur Bekämpfung von Fluchtursachen und so zur Begrenzung der Zuwanderung beizutragen.

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