Haushaltsentwurf des Finanzministers: Olaf Scholz' Haushaltsentwurf verschreckt die Genossen
Sozialdemokraten kritisieren niedrige Investitionen in Scholz' Haushaltsentwurf. Auch unionsgeführte Ministerien äußern Bedenken.
Sachlicher geht es kaum. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verzichtete am Mittwoch sogar auf eine Grußformel, bevor er vor der Bundespressekonferenz mit leiser Stimme seinen Haushaltsentwurf für das Jahr 2018 und die Eckwerte der Finanzplanung bis zum Jahr 2022 erläuterte. Wichtigste Botschaft des Vizekanzlers: Er bekannte sich zum Ziel der "schwarzen Null" und versprach den Deutschen solide Finanzen. Allerdings sorge der Etat auch dafür, dass sich das Land sozial gerecht entwickeln und notwendige Zukunftsinvestitionen getätigt werden könnten, erklärte er.
Was aus Sicht von Scholz eine "runde Sache" darstellt, halten zwei seiner Kabinettskollegen für unzureichend. Und auch Parteifreunde des SPD-Ministers griffen seine Planung als fehlgeleitet an. Mehrere SPD-Politiker warfen Scholz vor, er breche die eigenen Wahlversprechen, wenn er trotz sprudelnder Steuereinnahmen die öffentlichen Investitionen nach dem Jahr 2018 sinken lasse.
Das nämlich sagen die nackten Zahlen. Demnach steigen die öffentlichen Investitionen 2018 auf 37,9 Milliarden Euro, werden aber dann auf 33, 5 Milliarden im Jahr 2022 gedrosselt – eine erstaunliche Entwicklung für eine Koalition, die beim Amtsantritt Mitte März versprochen hatte, unter anderem den Ausbau von Straßen, Schienen, Netzen und Bildungseinrichtungen zu finanzieren. Berichte über Scholz’ Planungen alarmierten den linken Flügel seiner Partei.
SPD-Parteivize Ralf Stegner verwies auf das Versprechen im Regierungsprogramm seiner Partei. "Es gilt für uns bei der Steuer- und Finanzpolitik: Vorrang für Investitionen", heißt es dort. Die SPD wolle "die besten Schulen, eine gebührenfreie Kinderbetreuung, moderne Infrastruktur in der Stadt und auf dem Land und schnelles Internet für alle". Stegners Mahnung: "Daran ist jedes Wort richtig und jeder Buchstabe davon ist Auftrag für die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder und die Fraktion!"
Auch die Chefs zweier SPD-Arbeitsgemeinschaften schalteten sich ein. Die Regierung versuche, "sich die Schwarze Null zu erkaufen, indem sie bei Investitionen auf die Bremse tritt", kritisierte Juso-Chef Kevin Kühnert. Der "Fetisch Schwarze Null" sei bei einem Investitionsstau von über 120 Milliarden Euro "mehr als gefährlich und geht ganz klar auf Kosten der jüngeren Generation". Deshalb müssten die Staatseinnahmen durch "eine angemessene Besteuerung von Vermögen" erhöht werden.
Klaus Barthel von der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (Afa), warnte, Investitionen dürften "kein Strohfeuer" sein. Die schwarze Null bei gleichzeitiger Schonung von großen Einkommen und Vermögen sei "ein ideologisches Konstrukt der Neoliberalen". Barthel weiter: "Die SPD sollte das hart erkämpfte Finanzressort dazu nutzen, diesem zukunftsfeindlichen Unsinn ein Ende zu setzen."
Sinkende Investitionen? Scholz weist Vorwurf zurück
Bei seinem Auftritt vor der Presse wies Scholz den Vorwurf sinkender Investitionen zurück. Die Zahlen verrieten nicht, dass die Länder nach der Neuregelung des Finanzausgleichs Ausgaben übernommen hätten, die der Bund finanziere. Zudem könne er für geplante Investitionen, für die es noch kein Gesetz gebe, keine Planung in den Haushalt stellen. "Es wird mehr investiert", versicherte Scholz.
Im Kabinett stimmten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dem Haushaltsplan zu, gaben aber gemeinsam eine Warnung zu Protokoll: Sie erwarteten, heißt es in der Notiz, dass die im Plan bisher fehlenden Mittel für 2019 noch aufgebracht würden. Dabei geht es konkret nicht um Riesensummen – etwa eine Milliarde Euro werden in Regierungskreisen genannt. Aber erstens drängt die Zeit, denn der Etatentwurf 2019 soll schon am 6. Juli ins Kabinett. Und zweitens gilt die Aufstockung der Mittel für 2019 beiden Ministerien als "Lackmustest" für die Jahre danach.
Leyen und Müller verbünden sich
Um ihr Ziel zu erreichen, haben sich Leyen und Müller verbündet. Selbst ihre Staatssekretäre treten neuerdings im Doppelpack auf. Der Grund liegt im Koalitionsvertrag. Dort ist vereinbart, dass die so genannte ODA-Quote – der Anteil der Entwicklungsgelder am Bruttosozialprodukt – schon 2018 nicht absinken darf und dass zusätzliche Mittel, etwa steigende Steuereinnahmen, im Verhältnis Eins zu Eins in Verteidigung und Entwicklung gehen sollen.
Tatsächlich würde nach Berechnungen von Müllers Ministerium die ODA-Quote aber ab 2019 sinken, bliebe es bei Scholz' Eckpunkten. Gleichzeitig hat Müller im Kabinett vorgerechnet, dass sein Bedarf stetig steigt: Hilfen im Großraum Irak, Hilfen für Afrika. "Wir begründen vom Bedarf her", betont er. Leyen lässt dem CSU-Mann öffentlich den Vortritt, ihr angemeldeter Bedarf steigt allerdings noch stärker: Zwölf Milliarden Euro plus bis 2021. Zugesagt hat ihr Scholz bisher – zieht man die Tariferhöhung für den öffentlichen Dienst ab – knapp 2,5 Milliarden. Bleibe es dabei, müsse man internationale Rüstungsprojekte kippen, droht das Ministerium.
Scholz reagiert auf das Zweier-Bündnis für Milliarden so gelassen wie auf den Vorwurf der sinkenden Investitionen: "Natürlich hat niemand, der sagt, er hätte gern mehr Geld, keine guten Gründe", spottete der Finanzminister sanft. Aber für alle müsse gelten, "dass sie sich im Rahmen der Möglichkeiten dieses Landes bewegen".