25 Tage bis zur US-Wahl: Offener Krieg bei den Republikanern
Der Druck auf die Parteiführung wächst, sich von Trump loszusagen - der spricht von einer Verschwörung des konservativen Establishments. Ein Kommentar.
25 Tage vor der Wahl zerbricht die republikanische Wahlkampfmaschine. Einflussreiche Großspender, die die Konservativen in früheren Kampagnen mit Millionenbeträgen unterstützt haben, verlangen, dass die Parteiführung sich völlig lossagt von Präsidentschaftskandidat Donald Trump und sich nur noch auf den Kampf um die Sitze von Abgeordneten und Senatoren konzentriert. Reince Priebus, Vorsitzender des Republican National Comittee (RNC) - was in etwa der Funktion des Generalsekretärs einer deutschen Partei entspricht - erhält Rücktrittsforderungen, weil er sich noch nicht von Trump abgewendet hat.
Angst vor einem Anti-Trump-Sog
Immer mehr Frauen beklagen sich öffentlich darüber, von Trump sexuell bedrängt worden zu sein. Unter diesem Eindruck geben viele Amtsträger der Republikanischen Partei das Rennen um das Weiße Haus verloren. Sie möchten den Schaden begrenzen, damit in diesem Anti-Trump-Sog nicht auch die Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat in Gefahr gerät.
Trump wiederum benutzt die Distanzierung führender Republikaner - ganz voran "Speaker" Paul Ryan -, um seine Anhänger zu mobilisieren. Er hat sich von Anfang an als Vertreter der kleinen Leute "gegen die da oben" profiliert. Diese Anti-Establishment-Stimmung richtet sich nicht allein gegen die Clintons und andere etablierte Demokraten, sondern ebenso gegen die Parteiführung der Republikaner.
Trump kämpft gegen jetzt zwei Parteien: Demokraten und Republikaner
Bei seinen Wahlkampfauftritten der vergangenen Tage deutete Trump an, es gebe eine weltweite Verschwörung gegen ihn. In einem Jargon, der an gängige antisemitische Propaganda erinnert, sprach er von "globalen Machtstrukturen", die ihn verhindern wollten. "Da läuft eine ganz finstere Sache." Auch die Behauptungen von Frauen, er habe sie belästigt, gegen ihren Willen geküsst oder intim angefasst, seien Lügen und Teil dieser Verschwörung von Medien, Politik und Wirtschaft gegen ihn. Ryan hatte zu Beginn der Woche erklärt, dass er mit Trump nicht mehr gemeinsam im Wahlkampf auftreten wolle und dessen Äußerungen auch nicht mehr verteidigen werde. Dazu sagt Trump nun, führende Republikaner "betreiben eine Politik der verbrannten Erde".
De facto führt Trump nun Wahlkampf gegen zwei Parteien, gegen die Demokraten und parallel gegen die Republikaner. "Die einzige Kraft, die diese korrupte Maschine noch stoppen kann, seid ihr", sagt er zu seinen Anhängern. "Die einzige Kraft, die unser Land noch retten und das korrupte Establishment abwählen kann, seid ihr, das amerikanische Volk."
Druck der Großspender
Die Großspender argumentieren umgekehrt. Angesichts der glaubwürdigen Vorwürfe sexueller Belästigung und zahlreicher Trump-Äußerungen, die seine Eignung als Präsident in Frage stellen, drohe er das Ansehen der Republikaner dauerhaft zu beschädigen. "Cut him loose" lautet ihre Empfehlung.
David Humphrey, ein Kaufmann aus Missouri, der seit 2012 2,5 Millionen Dollar spendete, sagt der "New York Times": "Du schaust in den Spiegel und erkennst, dass du eine weitere Unterstützung Trumps vor deinen Kindern nicht rechtfertigen kannst, insbesondere gegenüber den Töchtern." Bruce Kovner, Investor aus New York, 2,7 Millionen Dollar Spenden an die Republikaner, nennt Trump einen "gefährlichen Demagogen, völlig ungeeignet für das Präsidentenamt. Es gibt eine Grenze, ab der man die moralischen Fehler nicht ignorieren kann. Die hat Trump klar überschritten." Sie und andere wollen nur noch spenden, wenn die Partei sich von Trump lossagt und ihre Energien und Spendengelder allein für den Wahlkampf um die Mehrheit im Kongress einsetzt.
Das bringt nun RNC-Chef Reince Priebus in einen Interessenkonflikt. Wenn er den offiziellen Kandidaten fallen lässt, ist er für einen Teil der Basis ein Verräter. Wenn er an Trump festhält, ist er für einen anderen Teil der Basis ein Verräter. Priebus hat seit Monaten ein zwiespältiges Verhältnis zu Trump. Doch nun üben Großspender und Parteifreunde wie Charlie Sykes aus Priebus' Heimatstaat Wisconsin Druck auf den RNC-Chef aus: Lass Trump fallen - oder trete zurück! William Oberndorf aus Kalifornien, der drei Millionen Dollar gespendet hat, verlangt: "Feuert Priebus!"