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Persönliche Animositäten verschärfen die Krise in den Beziehungen der Länder.
© dpa

Das Verhältnis zwischen USA und Israel: Obama und Netanjahu: Keine Zeit, gereizt zu sein

Benjamin Netanjahu und Barack Obama – der eine hat die Wahl gewonnen, der andere macht aus seiner persönlichen Abneigung kein Geheimnis. Doch beide müssen wieder zueinander finden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn er sich etwas denkt – was denkt er sich? Gemeint ist Barack Obama im Verhältnis zu Benjamin Netanjahu. Dass es darum nicht zum Besten steht – geschenkt. Aber erstens kennen Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen (Lord Palmerston, fälschlicherweise immer Talleyrand zugeschrieben). Zweitens dürfen persönliche Animositäten nicht verhaltensleitend sein. Das sind sie bei Obama aber ziemlich offenkundig. Und damit ausgerechnet bei einem, der sich auf seine Intellektualität einiges zugute hält und, wenn man den Berichten aus seiner Umgebung traut, in seinem letzten Wahlkampf hinwerfen wollte, weil er die Komplexitätsreduzierung nicht beherrscht. Will sagen: Weil er nicht in gewöhnlichen Worten ungewöhnliche Dinge sagen kann.

Die Israelis haben so gewählt, wie sie wollten

Ja, Obama und Netanjahu, der US-Präsident mitten im langsamen Abschied und der wiedergewählte israelische Premier mit Aussicht auf eine Rekordzeit im Amt, diese beiden werden keine Freunde mehr. Da ruft Obama also so spät nach Netanjahus Wiederwahl an, dass bestenfalls von aggressiver Höflichkeit die Rede sein kann. Der Präsident wird dem Premier immer nachtragen, dass der der im US-Kongress auf Einladung der Republikaner ohne seine Einbeziehung gesprochen hat. Und wie!

Aber das ist, ja, was? Geschichte. Vorbei. Sollte es sein. Denn die Israelis haben einfach so gewählt, wie sie wollten – und nicht, wie es die amerikanische Regierung vorgestellt hat. Selbst deren (ungeheurer) Versuch, mit einem der Obama-Wahlkämpfer – die ihr Geschäft ja nun wirklich beherrschen – im Land Stimmung und Stimmen gegen den Premier zu drehen, hat nichts gebracht. Nur gut, dass Netanjahu es sich nicht leisten kann, nachtragend zu sein.

Aber was tun? Schmollen? Drohen? Keins von beiden, besser nicht, weil es unprofessionell wäre. Obwohl Obama das eine bereits tut; oder zu tun scheint. Er soll Netanjahu schon angedroht haben, das Verhältnis zu Israel gründlich zu überdenken, wenn er nicht klein beigibt. Was das heißen könnte? Wenn in den UN Israel wieder wegen des Siedlungsbaus verurteilt werden soll, weil das die Friedenschancen mit den Palästinensern untergräbt, dann könnte Washington seinerseits auch mal kein Veto einlegen. Was Israel weltweit noch sichtbarer isolieren würde. Da gäbe es noch mehr, was die US-Regierung tun (oder lassen) könnte. Israel ist von keinem abhängiger als von Amerika.

Die Vertreter des Judentums sind wichtig für jeden demokratischen Präsidentschaftsbewerber

Und doch ist es besser, dass es nicht dazu kommt. Zunächst die taktischen Gründe. Noch sind das Establishment und die Gesellschaft in den USA nicht überwiegend hispanisch oder israelkritisch geprägt, ist die intellektuelle Ostküste wichtig, sind die Vertreter des Judentums wichtig für jeden demokratischen Präsidentschaftsbewerber. So bleibt dann auch Israels Sicherheit ein großes Thema. Was hat Obama gedacht? Dass die Juden, Jahrtausende entrechtet und geschändet, die sich einen Staat erkämpft haben, dessen Sicherheit nicht an die oberste Stelle setzen?

Dann das strategische Interesse in einer Region ohne weitere Demokratie neben Israel. Hier gilt, dass Netanjahu ja nun schon eingelenkt hat, was die Zweistaatenlösung, was Palästina angeht. Politisch kühl gesehen hat er öffentlich seinen Teil zum Versuch der Entkrampfung geleistet. Wenn Obama jetzt sowohl die Chancen auf Frieden als auch die Wahlchancen des nächsten Demokraten nicht verringern will, muss er seine Animosität überwinden.

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