US-Schulden: Obama fordert Reichensteuer
In seiner neuen Rede greift US-Präsident Barack Obama die Republikaner scharf an. Er fordert eine Reichensteuer, die das Konjunkturprogramm der US-Regierung mitfinanzieren soll. Obama ist nicht der einzige, der die Steuer will.
Washington - US-Präsident Barack Obama hat am Montag Vorschläge gemacht, wie er das Budgetdefizit der USA durch höhere Steuern und Ausgabenkürzungen um drei Billionen Dollar über die nächsten zehn Jahre reduzieren und trotz des Sparzwangs 477 Milliarden Dollar für sein neues Jobprogramm finanzieren möchte. Im Mittelpunkt des Interesses an der Rede, die er im Rosengarten des Weißen Hauses hielt, steht eine neue Warren- Buffett-Steuer für Reiche. Sie soll erreichen, dass Millionäre und Milliardäre nicht durch Nutzung der Abschreibungsmöglichkeiten einen niedrigeren Steuersatz zahlen als ihre Angestellten.
Benannt ist der Vorstoß nach dem Milliardär und Großinvestor Warren Buffett. Buffett hatte vorgerechnet, dass er trotz Milliardeneinkünften eine niedrigere Steuerbelastung als seine Sekretärin habe, und Obama aufgefordert, diese Schieflage zu beenden. Eine Hauptursache neben anderen Bestimmungen der komplizierten Steuergesetze ist der Umstand, dass Einkünfte aus Kapitalinvestitionen pauschal mit 15 Prozent besteuert werden, während der Spitzensteuersatz 35 Prozent beträgt und Bezieher kleiner Einkommen 25 Prozent zahlen, aber kaum Abschreibungsmöglichkeiten haben.
Der Mechanismus der angestrebten Reichensteuer beruht darauf, dass parallel zur herkömmlichen Steuerfestlegung eine zweite parallele Berechnung vorgeschrieben wird, in der alle Einkünfte vor Nutzung der Abschreibungsmöglichkeiten addiert und mit einem Mindeststeuersatz belegt werden. Fällt dieser Betrag höher aus als die Steuerschuld nach Nutzung der Abschreibungsmöglichkeiten, muss dieser höhere Betrag gezahlt werden. Generell gibt es eine solche „alternative Mindeststeuer“ bereits in den USA, doch sie greift bisher nur bei Angestellten und Beziehern mittlerer Einkommen und verschont die Reichsten, da die Einkünfte aus Großinvestments nicht einbezogen werden.
Obama mischte in seiner Rede pragmatische Vorschläge zur Schuldenreduzierung, die Teil eines von beiden Parteien getragenen Kompromisses sein könnten, mit Forderungen, die dem Kampf für die Präsidentschaft 2012 geschuldet sind und keine Aussicht auf eine Parlamentsmehrheit haben. Die neue Reichensteuer gehört zu den Vorstößen, die wohl nicht Gesetz werden. Die Republikaner haben die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und lehnen den Vorschlag ab. Für Obama ist die Reichensteuer ein Weg, die Republikaner als eine politische Kraft vorzuführen, die die Reichen schütze und den Beziehern niedriger Einkommen durch Kürzungen bei den Staatsausgaben in die Tasche greife. Die Republikaner werfen dem Präsidenten vor, er betreibe einen populistischen „Klassenkampf“. Aus ihrer Sicht schaden höhere Steuerbelastungen für Investoren dem Wirtschaftsaufschwung und damit dem Arbeitsmarkt.
Lesen Sie auf Seite 2, was eine Wiederwahl Barack Obamas gefährden könnte.
Im Mittelpunkt der parteipolitischen Auseinandersetzung im heraufziehenden Wahlkampf stehen Bemühungen zur Belebung der Konjunktur und speziell des Arbeitsmarkts sowie zum Abbau der Staatsschulden, die den Wert von 14,3 Billionen Dollar überschritten haben; das entspricht 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Vor der Sommerpause hatten sich Obamas Demokraten und die Republikaner einen erbitterten Kampf um die Erhöhung der Schuldenobergrenze geliefert. Der Streit endete mit einem Kompromiss. Der Präsident darf die Schuldenlast bis Jahresende 2012 um weitere 2,3 Billionen Dollar erhöhen, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren. Im Gegenzug muss er sofort Einsparungen vornehmen, die sich über zehn Jahre gerechnet auf rund eine Billion Dollar summieren. Daneben wird eine Schuldenkommission aus Vertretern beider Parteien gebildet, die die Schulden um weitere 1,5 Billionen binnen zehn Jahren reduziert. Die Republikaner setzen allein auf Kürzungen bei den Ausgaben und lehnen Steuererhöhungen ab. Die Demokraten streben eine Mischung aus höheren Einnahmen durch höhere Steuern und Einsparungen bei den Ausgaben an. Kann sich die Kommission bis zur Weihnachtspause nicht einigen, treten automatisch Kürzungen in Kraft, die beiden Lagern zuwider sind: erstens bei den Militärausgaben, was die Republikaner ablehnen, und zweitens bei der Grundrente und der Gesundheitsversorgung der Senioren, was die Demokraten vermeiden wollen.
Vor wenigen Tagen hatte Obama Maßnahmen zur Schaffung neuer Jobs vorgeschlagen, die weitere 477 Milliarden Dollar kosten, und versprochen, dass er einen Finanzierungsplan nachreicht. Die Arbeitslosenrate liegt bei 9,1 Prozent und gefährdet Obamas Wiederwahl. Nach Abgaben des Weißen Hauses ergeben Obamas Vorschläge vom Montag zu höheren Einnahmen, zum Beispiel aus der Reichensteuer, und Ausgabenkürzungen, eine Reduzierung der Schuldenlast um drei Billionen Dollar über zehn Jahre. Das entspricht der Summe aus den ohnehin vorgeschriebenen Kürzungen und den Kosten des neuen Jobprogramms.