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Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD)
© dpa/Rolf Vennenbernd
Update

Reaktionen auf die "Panama Papers": NRW-Finanzminister will nationales Strafrecht für Unternehmen

Die SPD fordert hartes Durchgreifen im Kampf gegen Steuerhinterzieher und Briefkastenfirmen. Der Grünen-Politiker Sven Giegold verlangt Strafen für Banken. Die Reaktionen im Überblick.

Warum, um des Teufels Willen, gibt es nicht längst deutsche Gesetze, die die immensen Einkünfte der meist international tätigen Unternehmen in Deutschland erzielen (wie zB Apple, Amazon, Facebook usw.), unabhängig von dem rechtlichen Sitz dieser Unternehmen allein danach besteuern, wo die zahllosen Kunden dieser Unternehmer wohnen, nämlich in Deutschland.

schreibt NutzerIn violett

Die Enthüllungen über Briefkastenfirmen in mehreren Steueroasen, mit denen Staatschefs, Sportstars und Banken Finanzgeschäfte verschleiert haben sollen, rufen vor allem in der Politik einige Reaktionen hervor. Ein Überblick:

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hat schärfere Gesetze gegen Steuerhinterziehung gefordert. Der amtierende Vorsitzende der Landesfinanzministerkonferenz schlug am Montag die Schaffung eines eigenen nationalen Strafrechts für Unternehmen vor: "Dann können Banken und andere Unternehmen wegen Steuerhinterziehung belangt werden und nicht nur einzelne Angestellte wegen Delikten, die ihnen nachzuweisen sind." Der Steuervollzug liegt in Deutschland in den Händen der Bundesländer und damit der Landesfinanzminister. Wichtig sei, auf internationaler Ebene Druck gegen systematische Steuer-Verstöße zu machen: "Steuerbetrug darf kein lohnendes Geschäft sein", sagte Walter-Borjans.

Der hessische SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel.
Der hessische SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel.
© picture alliance / dpa

"Dieser Sumpf an Korruption, Geldwäsche und vermutlich Steuerhinterziehung muss trockengelegt werden", sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel dem Tagesspiegel. Das Schattenreich des Finanzwesens übertreffe die allerschlimmsten Befürchtungen. Der Skandal biete jedoch auch die Chance, die internationalen Finanzgeschäfte endlich grundlegend zu verändern. "Das darf dann nicht folgenlos bleiben: Briefkastenfirmen dürfen nicht länger legal sein." Nach ersten Hinweisen seien  auch deutsche Banken an diesen Konstruktionen beteiligt. Nun müsse endlich durchgegriffen werden. Schäfer-Gümbel fügte hinzu, es mache ihn "zornig, wenn die einen zur Tafel gehen müssen oder jeden Tag hart arbeiten und brav ihre Steuern zahlen und andere trotz ihres Reichtums den Hals nicht voll bekommen können und durch windige Finanzkonstruktionen die Gesellschaft betrügen".

Auch Ralf Stegner, ebenfalls SPD-Vize, fordert auch ein hartes Vorgehen. "Der Kampf gegen Steueroasen muss deutlich konsequenter geführt werden, gesetzliche Schlupflöcher müssen geschlossen werden", sagte Stegner dem "Handelsblatt". Millionenfache Steuerhinterziehung sei "Schwerstkriminalität gegen das Gemeinwesen".

Gysi fordert Verbot von Briefkastenfirmen

Linken-Politiker Gregor Gysi zweifelte die Existenzberechtigung dieser Firmen grundsätzlich an. "Es geht doch nur ums verheimlichen", erklärte Gysi in der ARD-Sendung "Anne Will". Damit bezog er sich auf den Umstand, dass das Betreiben einer Briefkastenfirma per se nicht illegal sei. Der ehemalige Fraktionschef der Linken forderte ein Verbot von Briefkastenfirmen und schärfere Gesetze gegen Steueroasen. "Normalen Arbeitnehmern wird die Steuer gleich abgezogen, andere tricksen sich weltweit durch", kritisierte Gysi.

Linken-Politiker Gregor Gysi.
Linken-Politiker Gregor Gysi.
© Maurizio Gambarini/dpa

In der selben Talkshow begrüßte Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, die Veröffentlichungen. "Dadurch entsteht Druck und Transparenz, sodass eine öffentliche Debatte über Steueroasen entsteht", sagte der Christdemokrat.

Grünen-Europapolitiker Sven Giegold fordert nach den Enthüllungen mehr Transparenz in diesem Bereich. "Es ist eine Schande, dass wir im Kampf gegen die elendige Steuerflucht auf solche Datenlecks angewiesen sind", erklärte Giegold. "Wir brauchen öffentliche Unternehmensregister, aus denen die wirtschaftlich Begünstigten von Briefkastenfirmen eindeutig hervorgehen", sagte der Finanzexperte. "Die EU sollte Banken mit einer Strafabgabe belegen, die Geschäfte mit intransparenten Firmen machen." Dies sei in den USA Praxis. "Auch die Bundesregierung muss mit aller Härte gegen Steuerflucht vorgehen und die Daten des geplanten Firmenregisters in vollem Umgang transparent machen."

Ganz in diesem Sinne nannte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner die Steueroasen in einem Tweet auch lieber "Gerechtigkeitswüsten". Der Kampf dagegen werde "von Konservativen verhindert", schrieb er weiter. "Steuerbetrug in Millionenhöhe ist Verbrechen am Gemeinwesen."

"Das größte Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus ist gerade veröffentlicht worden, und es geht um Korruption", twitterte ein begeisterter Edward Snowden, als Enthüller des NSA-Skandals selbst ein "Whistleblower". Snowden hat sogar das Leak geleakt. Denn sein Tweet ging einige Minuten vor der Sperrfrist 20 Uhr am Sonntagabend raus.

In die Geschäfte von Briefkastenfirmen sind nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" und eines großen Medienverbundes internationale Spitzenpolitiker, Sportstars und Kriminelle verwickelt. Ein enormes Datenleck habe die Geschäfte von 215.000 Briefkastenfirmen offengelegt.

Allerdings gibt es viele legale Einsatzmöglichkeiten von Offshore-Firmen, Trusts und Stiftungen, wie auch die Tagesschau betont. "Politisch exponierte Personen können sowohl juristisch wie moralisch korrekt handeln, wenn sie diese nutzen." Es bestehe aber in solchen Fällen in der Regel Abklärungsbedarf. Dennoch: "Es gilt in jedem Fall bei den hier genannten Personen die Unschuldsvermutung." (Tsp, mit dpa)

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