Familiennachzug: Noch viele Hürden vor dem Familienleben für Geflüchtete
Nächste Woche tritt das neue Gesetz zum Familiennachzug in Kraft. Es begrenzt die Zahl der Angehörigen, die kommen dürfen, auf tausend pro Monat.
Viele Geflüchtete, die ab nächster Woche erstmals seit zwei Jahren wieder die Möglichkeit haben, ihre engsten Angehörigen nachzuholen, werden tatsächlich wohl weiter warten müssen. Lediglich in der Anlaufphase, den fünf Monaten bis Jahresende, kann die neue Grenze von höchstens eintausend Angehörigen pro Monat auch einmal überschritten werden - sie ist im Gesetz zu insgesamt 5000 Personen zusammengefasst. Danach gilt die Obergrenze wieder pro Monat. Wird sie nicht ausgeschöpft, sei im darauffolgenden Monat "kein Überlaufen der Zahl möglich", auch wenn die geringere Zahl auf Bearbeitungsprobleme in den deutschen Behörden zurückginge, hieß es dazu im Bundesinnenministerium: "Das ist politische Verständigung im Koalitionsvertrag, und auch die zwischen Bundesinnenministerium und Auswärtigem Amt", bestätigte eine Sprecherin des BMI.
Am 1. August tritt das "Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten" in Kraft. Subsidiär, also eingeschränkt geschützte Flüchtlinge konnten seit 2016 grundsätzlich nicht mehr ihre Eltern, Kinder oder Ehepartner nachholen. Die SPD hatte nach langem Streit den Koalitionspartnerinnen der Union, vor allem der CSU, nachgegeben, und der Aussetzung des Familiennachzugs zugestimmt. Sie sollte auf zwei Jahre befristet gelten.
Es gibt keinen Anspruch mehr auf ein Familienleben
Die Neuregelung, die am 1. August in Kraft tritt, setzt aber das alte Recht nicht wieder in Kraft. Es gibt weiter kein Recht mehr auf Familienzusammenführung für Subsidiäre, sie ist nur noch nach Ermessen Deutschlands und aus humanitären Gründen möglich – etwa wenn Familien besonders lange getrennt sind, wenn es minderjährige Kinder gibt oder Leben, Gesundheit und Freiheit der Angehörigen im Ausland ernsthaft bedroht sind. All dies gilt innerhalb der genannten Grenze von höchstens eintausend nachziehenden Angehörigen pro Monat. Geschwister können von ihren Brüdern und Schwestern in Deutschland nicht nachgeholt werden.
Wann tatsächlich die ersten Angehörigen ins Land dürfen - es geht jeweils nur um die Kernfamilie -, ist noch nicht bekannt. Das Bundesinnenministerium sagt dazu nur, die ersten Entscheidungen könnten fallen, sobald entscheidungsreife Anträge vorlägen. Die müssen die betroffenen Familien in den deutschen Auslandsvertretungen stellen, wo sie geprüft werden. Danach prüfen die in Deutschland zuständigen Ausländerbehörden die Anträge ihrerseits. Auf dieser Grundlage entscheidet dann das Bundesverwaltungsamt, wer kommen darf. Die deutschen Botschaften können danach Visa erteilen. Ist diese Prozedur abgeschlossen, dürfen die Angehörigen innerhalb von drei Monaten zu ihren Verwandten in Deutschland reisen.
In den mehr als zwei Jahren, während derer es keinen Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen gab, konnten Angehörige dennoch mit Blick auf eine Neuregelung Anträge dafür stellen. Die sollen jetzt abgearbeitet werden - doch dabei scheinen sehr viele Personen praktisch verloren gegangen zu sein. Man versuche gerade, alle zu kontaktieren, die mit einem Terminwunsch registriert waren, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. "Bei mehrereren tausend Personen wurde dies schon versucht, davon waren viel unter den den damals angegebenen Kontaktdaten bisher nicht erreichbar." Eine weitere Hürde, die die Verfahren stark verzögere, sei, dass die Antragsunterlagen der Verwandten, die kommen wolltne, oft nicht vollständig seien.
Hilfsorganisationen: Trennung verhindert Integration
Die Einschränkung des Familiennachzugs ist umstritten, auch jetzt, da die Tür nach Deutschland wieder einen Spalt weit offen ist. Flüchtlingshilfsorganisationen und die Kirchen argumentierten mit dem Grundgesetz, das Ehe und Familie unter besonderen staatlichen Schutz stellt. Verwiesen wurde auch darauf, dass die Trennung und die Sorge um die Familie belaste, psychische Probleme verursache oder verschärfe und so die Integration von Menschen behindere, die bereits hier sind. Außerdem beklagten sie die Unklarheit der Kriterien. Ob es einen Erlass des Innenministeriums brauche, damit das Bundesverwaltungsamt mehr Klarheit erhalte, müsse sich in der Praxis zeigen, man werde sehen, ob und was da nötig sei, hieß es am Mittwoch dazu im Ministerium.
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