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Integration durch Arbeit. SPD und Union wollen weitere Hürden für Geflüchtete abbauen.
© imago/Jens Jeske

Große Koalition zu Migration und Flucht: Im Koalitionsvertrag stehen zwei Obergrenzen

In der Flüchtlings- und Migrationspolitik fährt die große Koalition in Richtung Verschärfung. Ein paar Verbesserungen für Geflüchtete enthält das Kapitel Integration.

Wer draußen ist, soll möglichst draußen bleiben. Denen, die hier sind, will eine künftige schwarz-rote Koalition allerdings mehr helfen als bisher, etwa beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Vorrangprüfung – bevor Ausländer eingestellt werden, muss erst nach einer Bewerberin oder Bewerber mit EU-Staatsbürgerschaft gesucht werden - wird gänzlich abgeschafft und gilt nur noch auf Wunsch betroffener Länder in Gegenden mit besonders hoher Arbeitslosigkeit. Schon 2016 war sie für fast ganz Deutschland auf drei Jahre ausgesetzt worden. Wer Berufserfahrung oder einen Abschluss mitbringt, soll nicht mehr lange auf Anerkennung dieser Qualifikation warten müssen.

Die Integrationskurse wollen SPD und Union stärker auf die Bedürfnisse derer zuschneiden, die sie besuchen. Länder und Kommunen erhalten für alle Kosten, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden sind, bis 2021 weitere acht Milliarden Euro. Außerdem versprechen die Partnerinnen ein Einwanderungsgesetz, um erwünschte Fachkräfte, mit und ohne Uni-Abschluss, nach Deutschland zu bekommen. Es soll im wesentlichen bestehende Regeln zusammenfassen und nachjustieren. 

Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer

Um die Einwanderung aller übrigen zu begrenzen, enthält der Vertrag ein ganzes Bündel von Vereinbarungen. Erklärtes Ziel der Koalition sind weniger Neuankömmlinge und mehr Abschiebungen derer, die bereits hier sind. Die Obergrenze der CSU von 180.000 bis 200.000 Menschen jährlich steht jetzt auch im Vertrag, eine weitere beim Familiennachzug kommt hinzu, für den „der Zuzug auf 1000 Personen pro Monat begrenzt ist“.

Bisher argumentierte die SPD, dass ab August wieder monatlich 1000 kommen könnten. Im Unions-Gesetzentwurf, der letzte Woche den Bundestag mit den Stimmen der SPD passierte, war schon eine Kann-Bestimmung daraus geworden, die aktuelle Formulierung ist noch deutlicher. Die 1000er-Grenze wird jetzt auch damit begründet, man wolle „Anreize ausschließen“, dass Kinder von ihren Eltern „auf die gefährliche Reise vorgeschickt“ würden. Eine Ausweitung der Härtefallregelung, die die SPD wollte, ist wie schon im Gesetz nicht vorgesehen. 

Algerien, Marokko und Tunesien gelten ab sofort als neue sichere Herkunftsländer, weitere sollen hinzukommen, wenn die Anerkennungsquote für geflohene Landsleute unter fünf Prozent liegt. Um abgelehnte Asylsuchende abschieben zu können, werden alle Neuankömmlinge künftig in sogennanten Anker-Unterkünften konzentriert  („Aufnahme- Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“) und müssen dort bleiben, bis ihr Antrag entschieden ist - „in der Regel“ bis zu 18 Monate, für Familien mit Kindern sollen es nicht mehr als sechs werden. Die  Möglichkeiten, Menschen in Abschiebehaft zu nehmen, sollen größer werden. Keine Chance zu bleiben hat, wer sich strafbar gemacht hat, Drogendelikte und widerrechtlicher Bezug von Sozialleistungen eingeschlossen. 

"Asylverfahren überwiegend an den Außengrenzen"

Auf EU-Ebene will eine künftige GroKo den Ausbau von Frontex zur echten EU-Grenzpolizei. Bis es so weit ist und die Grenze „effektiv geschützt“ ist, seien Binnengrenzkontrollen vertretbar“, heißt es im Text. Das wäre ein dauerhaftes Zurück zum Europa der nationalen Grenzen, die der Schengen-Vertrag vor 23 Jahren außer Kraft setzte. Seit dem Flüchtlingsjahr 2015 hatte Brüssel nationale Kontrollen immer nur ausnahmsweise erlaubt. Das Bekenntnis der Koalitionäre zum gemeinsamen europäischen Asylsystem – es ist gerade in Überarbeitung und soll bis Sommer fertig sein – enthält einen Hinweis darauf, dass Asylverfahren langfristig gar nicht mehr im eigenen Land stattfinden sollen. Man setze sich für gleiche europäische Standards bei Verfahren und Versorgung der Schutzsuchenden ein, heißt es im Text: „Dies gilt auch für eine gemeinsame Durchführung von Asylverfahren überwiegend an den Außengrenzen sowie gemeinsame Rückführungen von dort.“

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