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In Deutschland ist die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern im OECD-Vergleich besonders hoch.
© picture alliance/dpa/Rolf Vennenbernd

Deutschland im OECD-Vergleich Schlusslicht: Nirgendwo ist die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen größer

Frauen erhalten in Deutschland im Durchschnitt 46 Prozent weniger Rente als Männer. Im Ranking der Industrieländer bedeutet das den letzten Platz.

Die Industrieländerorganisation OECD sieht das deutsche Rentensystem unter erheblichem Druck. "Die schnelle Alterung der Bevölkerung wird die finanzielle Tragfähigkeit des öffentlichen Rentensystems gefährden", heißt es in der Studie "Renten auf einen Blick", die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Nach heutiger Gesetzeslage würden die Ausgaben für die gesetzliche Rente von heute etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 12,5 Prozent im Jahr 2060 steigen, obwohl das Rentenniveau aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors um zehn Prozent sinke. Der Faktor dämpft seit 2005 den Rentenanstieg, wenn die Zahl der Rentenempfänger steigt oder die der Beitragszahler sinkt.

Die OECD prognostiziert einen Anstieg der Altersarmut, wenn die Politik nicht gegensteuert. Zu den Risikogruppen zählen laut der Studie Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiographien, Alleinerziehende, Selbstständige und atypisch Beschäftigte, die in Teilzeit oder mit befristeten Verträgen arbeiten. Für die wachsende Zahl der Plattformarbeiter seien aufgrund mangelnder Absicherung und niedriger Beiträge die Rentenaussichten "düster".

Besonders hoch sei das Armutsrisiko außerdem für Frauen in Deutschland. Die Rentenansprüche von Frauen fallen deutlich geringer aus als die von Männern, die Experten beziffern die Geschlechter-Rentenlücke auf 46 Prozent. Damit ist Deutschland innerhalb der OECD-Länder Schlusslicht und liegt noch hinter Luxemburg, den Niederlanden und Österreich.

Die Studienautoren führen die großen Differenzen auf die überdurchschnittlich hohen Lohnunterschiede in Deutschland zurück sowie den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung.

Vorsorgepflicht für Selbstständige

Um drohende Altersarmut zu bekämpfen, empfiehlt die OECD eine "weitgehend einheitliche" Rentenabsicherung für Arbeitnehmer, Beamte und Selbstständige, wie sie bereits in vielen anderen Ländern existiere. Diese würde dazu beitragen, die Rentenabdeckung für gefährdete Gruppen zu erhöhen und Ungleichheiten in der sozialen Sicherung zu beseitigen, heißt es in der Studie. Deutschland sei eines der wenigen OECD-Länder, das keine obligatorische Absicherung für alle Selbstständigen habe.

Das könnte sich jedoch absehbar ändern: Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD auf die Einführung eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige verständigt, im Sozialministerium laufen die Vorbereitungen für dieses Rentenprojekt. Zur von der Koalition vor kurzem vereinbarten Grundrente schreibt die OECD , diese könne die Rentenaussichten einiger Geringverdiener verbessern. Sie gehe jedoch nicht das Altersarmutsrisiko von Geringverdienern "mit größeren Karriereunterbrechungen" an.

Auch nach einem Arbeitsleben mit einer Vollzeitstelle erhalten Rentner in Deutschland laut OECD "vergleichsweise niedrige Renten". Nach derzeitiger Gesetzeslage könne ein Arbeitnehmer, der 2018 in den Arbeitsmarkt eintrat, mit einer Nettoersatzquote von 52 Prozent rechnen, verglichen mit 59 Prozent im OECD-Durchschnitt. Nicht eingerechnet sind hierbei jedoch Betriebsrenten oder private Altersvorsorge. Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit die von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission, die Vorschläge für eine langfristige Finanzierung des Rentensystems ab 2025 machen soll.

Positiv bewertet die OECD den Anstieg bei der Beschäftigung Älterer. So sei Deutschland führend bei der Erhöhung der Beschäftigungsrate der 55- bis 64-jährigen: Seit der Jahrtausendwende stieg der Anteil von rund 37 Prozent auf 71 Prozent – hier sei Deutschland Spitzenreiter.

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