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Ein "neues Geschäftsmodell für Schleuser"? Der Entwurf eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes soll nächste Woche ins Kabinett.
© Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Entwurf für Fachkräfteeinwanderungsgesetz: "Neues Geschäftsmodell für Schleuser"

Der Gesetzentwurf zur Zuwanderung von Fachkräften soll kommende Woche ins Kabinett. Doch Unionspolitikern wie Innen-Experte Schuster geht das Papier zu weit.

Im Asylstreit verlief der Riss im Frühsommer quer durch die Union: Ähnliches droht jetzt auch bei dem Gesetz, mit dem die Bundesregierung mehr Fachkräfte ins Land locken will. Der Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestages, Armin Schuster (CDU), sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag, der Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz biete in seiner jetzigen Form „die Möglichkeit für Schleuser, Menschen eine illegale Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, um sich hier einen Aufenthaltstitel zu erschleichen mit einer vorgeblichen Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme“.

Er warnte: „Eigentlich ermöglichen wir dem Schleuser ein völlig neues Geschäftsmodell.“ Anstatt wie bisher Menschen bei Nacht und Nebel über die Grenze zu schicken, müssten Schleuser jetzt nur noch „Papiere fingieren“. Denn die Eignung der Arbeitssuchenden solle laut Entwurf erst in Deutschland abschließend überprüft werden.

Entwurf soll nächste Woche ins Kabinett

Der Entwurf der Bundesregierung, den Innenminister Horst Seehofer (CSU) vorab mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) abgestimmt hatte, soll kommenden Mittwoch im Kabinett behandelt werden. Ob es bei dem Termin bleibt, ist aber angesichts der Kritik noch offen.

Nach Angaben von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag) verständigten sich die drei Bundesminister nun mit Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) darauf, einige Punkte zu verschärfen. So sollen demnach etwa Zuwanderungssperren für Länder verhängt werden können, aus denen ein erheblicher Anstieg offensichtlich unbegründeter Asylanträge vorliegt.

Der Vorsitzende der Innen-Arbeitsgruppe der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, und der Vorsitzende der AG Wirtschaft, Joachim Pfeiffer, hatten bereits zuvor vor „Missbrauchsmöglichkeiten und möglichen Fehlanreize“ gewarnt. Sie befürchten, dass Ausländer nach einem Misserfolg bei der Suche nach einem Job oder Ausbildungsplatz Asylanträge stellen könnten.

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnten die Regierung, der bisherige Entwurf dürfe nicht verwässert werden. „Bestrebungen, die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen wesentlich zu verändern, gefährden das Ziel einer gezielten und erforderlichen Fachkräftezuwanderung“, heißt es in einem Schreiben an die zuständigen Minister, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Grüne legen eigenen Gesetzentwurf vor

Die Grünen legten unterdessen einen eigenen Gesetzentwurf für ein Einwanderungsgesetz vor, der ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild vorsieht. Menschen, die eine hohe Punktzahl erreichen, könnten demnach für ein Jahr nach Deutschland kommen, um auf Jobsuche zu gehen. Wie viele Menschen kommen dürfen, soll jedes Jahr aufs Neue eine Kommission festlegen, die dann eine Empfehlung an die Bundesregierung ausspricht.

Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Punkte gibt es demnach beispielsweise für Berufserfahrung, Deutschkenntnisse und frühere Aufenthalte in der EU oder in der Schweiz. In Baden-Württemberg gebe es aktuell 130 000 unbesetzte Stellen, sagte der Integrationsminister der grün-schwarzen Landesregierung in Stuttgart, Manne Lucha (Grüne). Das sei ein „elementares Problem“, das die Wirtschaftskraft im Südwesten jetzt schon bremse.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte, in Deutschland würden gut qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland dringend benötigt. „Wenn sich also Teile der Union gegen das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung stellen, dann schaden sie unserer Wirtschaft“, zitierte ihn die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Filiz Polat, sagte: „Den ohnehin schon zu kurz greifenden Referentenentwurf noch mehr einschränken zu wollen, ist völlig irrsinnig und realitätsfern.“

Visum für Arbeitsplatz-Suche auf sechs Monate begrenzt

Seehofers Entwurf begrenzt das Visum für die Suche nach einem Arbeitsplatz auf sechs Monate. In dieser Zeit darf der Jobsuchende nur zur Probe arbeiten. Die Grünen wollen ein Visum für ein Jahr mit der Möglichkeit, parallel zur Jobsuche zu arbeiten - auch in Bereichen, die nicht der Qualifikation des Zuwanderers entsprechen.

Der Grünen-Entwurf sieht außerdem vor, dass jedes Kind, das in Deutschland geboren wird, automatisch einen deutschen Pass erhält, wenn ein Elternteil rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Bereits in Deutschland lebende Asylsuchende und Menschen mit Duldung sollen durch die Aufnahme einer Arbeit, durch eine Ausbildung oder die Aufnahme eines Studiums einen aufenthaltsrechtlichen „Spurwechsel“ vollziehen können.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, erklärte, es sei gut, dass die Grünen sich jetzt auch für das von seiner Partei schon lange favorisierte Punktesystem stark machten. Noch besser wäre es, wenn dies auch die SPD tun würde. Er sagte: „Wir müssen hier als Land endlich vorankommen und von der Migrationspolitik erfolgreicher Einwanderungsländer lernen.“ (dpa)

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