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Alberto Fernandez (r), neuer Präsident, und Cristina Fernandez de Kirchner, ehemalige Präsidentin, die die Fäden zieht.
© Fernando Gens/dpa

Argentiniens neue linkspopulistische Führung: Neuanfang mit altem Personal

Argentiniens Präsident Fernandez und Ex-Präsidentin Kirchner müssen ab Dienstag Versprechen einlösen, wenn sie die Macht übernehmen. Schon drohen sie der Justiz.

Einmal noch hatte Mauricio Macri die Bühne für sich ganz alleine. Und es wurde ein beeindruckender Abschied. Mehrere zehntausend Menschen füllten das Zentrum von Buenos Aires, um dem konservativen Präsidenten Argentiniens nach vier Jahren im Amt zu danken.

Macri selbst genoss das Bad in der Menge am Wochenende und versprach: „Wir werden die Errungenschaften dieser Präsidentschaft verteidigen.“ Was sein Vermächtnis ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Während Macris Anhänger seinen harten Reformkurs verteidigen, werfen ihm seine Kritiker vor, genau dadurch die Armut im Land noch weiter verstärkt zu haben.

Die Bilder der fröhlichen Abschiedspartys überraschen ein wenig, denn Macri war vor wenigen Wochen aus dem Amt gewählt worden. Nicht ganz so krachend wie es sich das linke Lager aus der Opposition erhofft hatte, aber doch recht deutlich gewann der linkspopulistische Herausforderer Alberto Fernandez gemeinsam mit der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner die Wahlen. Auf Fernandez entfielen 48,24 Prozent der Stimmen, Macri holte 40,28 Prozent. Am Dienstag treten Fernandez und Kirchner ihre neuen Ämter an.

Doch von einem wirklichen Neuanfang ist Argentinien ein gutes Stück weit entfernt. Gegen die neue Vize-Präsidentin Cristina Kirchner, die das Land von 2007 bis 2015 lenkte, gibt es Korruptionsvorwürfe. Im Gefühl schon bald wieder die Zügel der Macht in der Hand zu halten, verspottete Kirchner vor wenige Tagen die ermittelnde Justiz.

Nicht sie sei es, die Fragen beantworten müsste, sondern die Justiz. Überzeugende Erklärungen wie die Familie Kirchner zu ihren viele Millionen Euro umfassenden Vermögen gekommen ist, gibt es dagegen bis heute keine. Und es wird wohl auch keine geben, denn der künftige Präsident Fernandez drohte vor wenigen Tagen Journalisten und Vertreter der Justiz und sprach von politischer Verfolgung.

Kirchner hievt Sohn auf wichtigen Posten

Dafür ist Kirchner ein geschickter Schachzug gelungen: Ähnlich wie Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro seine Söhne in politische Schlüsselpositionen hievt, hat auch Kirchner dafür gesorgt, dass ihr Sohn Maximo künftig als parlamentarischer Chef des Regierungsbündnisses „Frente de Todos“ (Front von Allen) die eigene Regierung kontrollieren kann.

Fernandez, der eigentliche Wahlsieger, muss sich also intern gegen die politische Lichtgestalt Cristina Kirchner und ihren Sohn Maximo durchsetzen. Nicht wenige Beobachter sehen darin ein hohes Konfliktpotential.

Noch größer sind allerdings die politischen Herausforderungen, die auf Fernandez warten und an denen schon Macri scheiterte. Fernandez muss die Armut spürbar bekämpfen, das Vertrauen in den chronisch schwachen argentinischen Peso wieder herstellen, die Staatsschulden neu verhandeln, Investoren für das Risikoland Argentinien begeistern und ganz nebenbei auch noch die neuen global diskutierten Umweltstandards im Klimaschutz berücksichtigen.

Schon ab Dienstag wird es nicht mehr Macri sein, den Fernandez und die Argentinier für die Probleme im Land verantwortlichen machen können. Nun steht Fernandez selbst im Mittelpunkt, zumal er auch selber hohe Erwartungen geweckt hat. Vermeintlich klare acht Prozent betrug der Unterschied bei den Wahlen.

Es reichen allerdings schon vier Prozent Wählerwanderung aus, die beim nächsten Urnengang wieder die Seiten wechseln könnten, wenn Fernandez nicht das liefern kann, was er seinem Land versprochen hat: Endlich nachhaltige Lösungen für die Probleme Argentiniens.

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